Miteinander statt füreinander arbeitenWie CTOs den Weg vom Entwickeln zum Ermöglichen wagen
Ein Gastbeitrag von
Maria Meier *
MINT-Fächer werden immer attraktiver gemacht, doch bleibt die Perspektive im Arbeitsleben meist auf das Arbeitnehmer-Dasein beschränkt. Die Themen Unternehmertum und Unternehmensgründung stehen zu selten auf dem Lehrplan von MINT-Studiengängen.
Maria Meier: „Ein guter CTO zeichnet sich dadurch aus, dass er oder sie die Verbindung zum eigenen Ursprung nicht aus den Augen verloren hat.“
(Bild: Phantasma Labs)
Wem schon im Laufe der Schul- und Universitätszeit klar wird, dass ein Karriereweg in der Tech-Welt der richtige ist, findet sich am Ende der Reise nicht selten im Angestelltenverhältnis wieder. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Thema Firmengründung eher in BWL-nahen Universitäten und Studiengängen behandelt wird. Doch: Ein erfolgreiches Unternehmen braucht jedoch mehr als nur einen guten CEO.
Gerade in der Innovationslandschaft, die unsere Zukunft bestimmen soll, setzen junge Unternehmen auf technische Lösungen. Für diese bedarf es talentierter Entwicklerinnen und Entwickler ebenso wie kompetenter Führungskräfte. Ein Job, der Entwicklertum und unternehmerische Führungsfertigkeiten bestenfalls eint, ist der des CTOs. Doch wie man den Schritt vom Techie zum C-Level gehen kann, wird selten diskutiert oder gelehrt.
Für diejenigen, die von der Developer- in die CTO-Rolle wechseln möchten, bieten „Talent Investment“-Programme, wie das von Entrepreneur First, einen exzellenten Ausgangspunkt. Neben dem Zugang zu Mentorat und Investitionen bekommen Programmteilnehmer und -teilnehmerinnen hier auch finanzielle Unterstützung sowohl während der Gründung durch ein Stipendium als auch nach der Gründung durch ein Anfangsinvestment. Im Rahmen der einzelnen Kohorten werden zukünftige CTOs und CEOs zusammengebracht und bekommen alle nötigen Ressourcen, um den Schritt in die Selbstständigkeit sicher wagen zu können.
Frauen und Technik: A match made in heaven
Es ist kein Geheimnis, dass Frauen es in der Welt von Tech und Startup nicht allzu leicht haben. Schaut man sich die Zahlen des European State of Tech und Female Founders Monitor an, ergibt sich ein klares Bild: Während das europäische Startup-Ökosystem weiter wächst, bleiben Frauen weiterhin unterrepräsentiert.Wagen Frauen den Weg ins Gründertum, erhalten sie zwar Aufmerksamkeit und Anerkennung, an finanziellen Mitteln mangelt es aber leider ordentlich. Im vergangenen Jahr erhielten Männer sogar neunmal so viel Funding wie ihre Kolleginnen (Female Founders Monitor, 2022). Dabei sind Frauen nicht nur gute Führungskräfte (Handelszeitung, 2021), sondern können auch ein diverses Arbeitsumfeld schaffen – welches am Ende des Tages sogar erfolgreichere Teams und Unternehmen fördert (McKinsey, 2019).
Der Schritt in Richtung Tech scheint sich für Frauen noch schwieriger zu gestalten als zur Selbstständigkeit. Zusätzlich belastet vom Männer- und Techie-Klischee, erscheint der Beruf CTO nicht als natürliches Karriereziel für Frauen. Wenn wir Innovation aber wirklich von Grund auf fördern wollen, müssen wir Gleichberechtigung auch und besonders in der Tech Branche leben. Das bedeutet, Frauen in Tech fördern und das Berufsbild CTO von jeglichen geschlechtsspezifischen Klischees zu lösen.
CTO – und jetzt?
Ist der Weg zum CTO geschafft, wirkt der Wechsel aus dem Angestelltenverhältnis zur eigenen Gründung für viele Entwicklerinnen und Entwickler als Befreiungsschlag. Doch mit immer weiter wachsenden Unternehmen verändern sich auch die Anforderungen an die, teils frischgebackenen, CTOs. Während besonders in jungen Unternehmen mit wenigen Mitarbeitenden noch viel operative Arbeit anfällt, müssen sich Führungskräfte mit dem Wachstum des Unternehmens auf neue Herausforderungen gefasst machen.
Der einstige Fokus auf Produktentwicklung weicht mehr und mehr dem empathischen Sorgetragen für das Wohlergehen und die Effizienz der Angestellten. Das Aufgabenspektrum erweitert sich damit vom Entwickeln zum Ermöglichen. CTOs müssen im Rahmen ihrer C-Level Tätigkeit mit entsprechender technischer Expertise darauf achten, dass die Schnittstelle zwischen Unternehmerischen und Technischen Aspekten wirksam koordiniert wird und die Qualität der Arbeit nicht der Geschwindigkeit des Wachstums obliegt.
Gemeinsam sind wir stark
Die wohl größte Herausforderung im technischen Leadership bleibt dabei, die Balance zu halten. Die Balance zwischen operativer und administrativer Arbeit. Die Balance zwischen empathischem Miteinander und Verantwortung als Führungskraft. Und die Balance zwischen Business und Tech.
Dafür ist vor allem eins wichtig: Gemeinschaftlich arbeiten. Ein guter CTO zeichnet sich dadurch aus, dass er oder sie die Verbindung zum eigenen Ursprung nicht aus den Augen verloren hat. Dazu gehört, Angestellte in die Prozesse einzubinden und nicht andere für sich arbeiten zu lassen, sondern das Miteinander als Kernprinzip im Arbeiten zu erkennen. Nur wer es schafft, Empathie und Verständnis für die Menschen und Prozesse im eigenen Unternehmen zu bewahren, kann die Rolle des CTO in aller Fülle und Balance bewältigen und genießen.
Stand vom 30.10.2020
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Kurzinterview mit Maria Meier, Phantasma Labs
Dev-Insider: Frau Meier, in Ihrem Gastbeitrag schreiben Sie, dass Frauen in der Startup-Statistik weiterhin unterrepräsentiert sind. Allein mit der oft unterstellten finanziellen Risikobereitschaft lässt sich das sicher nicht erklären. Wo sehen Sie weitere Gründe?
Maria Meier: Wir haben 2022 mit einem Gründerinnen Anteil von 37 Prozent in Deutschland zwar eine deutliche Verbesserung zu den letzten Jahren erlebt, von 50/50 sind wir aber immer noch weit entfernt. Schaut man sich die Zahlen des Female Founders Monitor an, wird deutlich, dass nicht nur das mangelnde Risikokapital für Frauen eine Hürde in der Startup-Sphäre ist: Auch beim Thema Team haben Gründerinnen mit Schwierigkeiten zu kämpfen.
Von Frauen gegründete Startups haben durchschnittlich 7 Mitarbeitende, während die von Männern gegründeten Unternehmen im Schnitt 28 Beschäftigte zählen (Female Founders Monitor 2022). Aus eigener Erfahrung habe ich gemerkt, dass die Unterrepräsentation im Gründertum auch dadurch bedingt ist, dass wir immer noch sehr in alten Rollenbildern gefangen sind, die Frauen eher zuhause bei der Familie sehen als in der Führungsposition eines Unternehmens. Dass dieser Stereotyp auch bei Investoren verankert ist, erweist sich als besonders problematisch, da sie diejenigen sind, die durch ihre finanzielle Machtrolle einen entscheidenden Einfluss auf die anhaltende Benachteiligung von Frauen haben.
Vor allen anderen Beteiligten im Startup-Ökosystem sind also Geldgebende die Gruppe von Menschen, die für Missstände sensibilisiert werden und unmittelbar aktiv werden müssen, um diese zu bereinigen. Wohlgemerkt müssen veraltete Rollenbilder dennoch in der breiteren Gesellschaft korrigiert werden, da selbst adäquat finanzierte weibliche Gründerinnen es beispielsweise schwer haben werden, ein Unternehmen zu führen, wenn nur eine Minderheit von Vätern in die Elternzeit gehen.
Dev-Insider: Nun sind Sie ja auch selbst Gründerin, welche Tipps können Sie anderen Frauen an die Hand geben, beispielsweise mit Blick auf persönliche Netzwerke, oder wie man sich in einer Männer-dominierten Szene Gehör verschafft?
Meier: Netzwerk ist da schon genau das richtige Stichwort. Man muss sich definitiv mit den richtigen Leuten umgeben und das am besten schon so früh wie möglich; AG’s in der Schule, Studierendeninitiativen wie das CDTM in München und Meetups für Frauen sind absolut essentiell, um sich ein gutes Netzwerk zur entsprechenden Unterstützung aufbauen zu können.
Später im Berufsleben können auch Slack-Gruppen oder Blogs hilfreich sein, um eine Gruppe an Menschen zu finden, die dasselbe machen möchten wie man selbst. Neben der richtigen Community würde ich auch immer den Rat geben sich nicht von Klischees abhalten zu lassen. Wir müssen Stigmata aufbrechen, um Frauen zu fördern und ihnen einen Platz am Tisch sichern zu können.
Dev-Insider: Wie lässt sich die erforderliche Ellenbogenmentalität am Ende mit dem von Ihnen proklamierten Führungsstil einer „Balance zwischen empathischem Miteinander und Verantwortung als Führungskraft“ in Einklang bringen?
Jegliche Ellenbogenmentalitäten sind im eigenen Unternehmen absolut Fehl am Platz. Innerhalb des eigenen Teams sollte es immer um positive Gemeinschaftlichkeit und eine gemeinsame Vision gehen, nicht um die kategorische Priorisierung von Individuen. Daher ist auch ein Führungsstil wichtig, der den Teamgedanken zentralisiert und sich immer empathisch mit den eigenen Mitarbeitenden und Kolleg:innen gestaltet.
* Maria Meier ist CTO und Mitgründerin von Phantasma Labs, das menschliche Bewegungen für sicherheitskritische Anwendungen wie autonomes Fahren und andere Formen der zukünftigen Mobilität modelliert.