Auf Bundesebene fehle bis heute eine Regelung, um den Vorrang von Open-Source-Software bei der Beschaffung auch gesetzlich zu verankern, kritisiert die Open Source Business Alliance – und legt ein eigenes Rechtsgutachten und einen Vorschlag dazu vor.
Open-Source-Software gilt als Schlüssel zur digitalen Souveränität, ihr Einsatz wird gefördert und gefordert. Genügt das oder braucht es zudem eine gesetzliche Verankerung?
„Für öffentliche IT-Projekte schreiben wir offene Standards fest. Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt, die entsprechende Software wird grundsätzlich öffentlich gemacht.“ So steht es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Noch sei das aber nur eine Absichtserklärung, kritisiert die Open Source Business (OSB) Alliance, denn es fehle die gesetzliche Verankerung. „Bisher gibt es noch keine Initiative der Bundesregierung, den Vorrang für Open-Source-Software in der Fläche umzusetzen, obwohl in zahlreichen Beschlüssen der Bundesregierung und des IT-Planungsrats immer wieder bekräftigt wird, dass Open Source der Schlüssel für digitale Souveränität und eine schnellere und nachhaltigere Verwaltungsdigitalisierung ist“, sagt Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance.
Während auf Länderebene der Vorrang quelloffener Software und offener Standards in eGovernment-Gesetzen (Thüringen, Schleswig-Holstein) oder in den Verwaltungsvorschriften (Baden-Württemberg) verankert sei, gebe es auf Bundesebene keine entsprechenden Regelungen. Es sei aber für digitale Souveränität der Verwaltung zentral, so Ganten, dass eine gesetzliche Regelung noch in dieser Legislaturperiode angegangen werde.
Um einen Impuls zu setzen, hat die Open Source Business Alliance Prof. Dr. Andreas Wiebe von der Georg-August-Universität Göttingen mit einem juristischen Gutachten beauftragt. Zu untersuchen war, „wie das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel der Bundesregierung, zur Stärkung der digitalen Souveränität auf Open-Source-Software und offene Standards zu setzen, mit Blick auf Vergabe-, Wettbewerbs-, Kartell- und Verfassungsrecht rechtssicher umgesetzt und in Gesetzesform gegossen werden kann“.
Die Stärkung der digitalen Souveränität sei ein legitimes Ziel für den Gesetzgeber und rechtfertige eine vorrangige Beschaffung quelloffener Software zur Innovationsförderung im Rahmen der gesetzlich möglichen strategischen Beschaffung – so der Schluss des Gutachters.
Im weiteren Schritt folgte eine Analyse der Umsetzungsoptionen. Grundsätzlich sah der Gutachter die Möglichkeiten der Verankerung:
in § 97 GWB,
im 2. Abschnitt des Kartellvergaberechts,
in der Vergabeverordnung für öffentliche Aufträge,
im E-Government-Gesetz,
als Haushaltsgrundsatz oder aber
durch Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften
Hintergrund
Open-Source-Software: Was der Bund unternimmt
Zu den Lösungsansätzen, die in der „Strategie zur Stärkung der Digitalen Souveränität für die IT der Öffentlichen Verwaltung“ (2021) formuliert werden, gehört auch die Fokussierung auf Open-Source-Software (OSS) – ebenso wie die rechtliche Ausgestaltung. Es sei zu prüfen, „inwiefern die rechtliche Verankerung einer Bevorzugung von OSS bei gleichem Funktionsumfang und Wirtschaftlichkeit zu proprietären Lösungen möglich ist“. In der Folge konzentrieren sich die Anstrengungen aber auf die Förderung und den Aufbau entsprechender Strukturen – was zweifellos wichtig ist. 2022 wurden 51 Millionen Euro zur Unterstützung von Open Source bewilligt, um Projekte wie das Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung (ZenDis), den Sovereign Tech Fund, den souveränen Arbeitsplatz und die Open-CoDE-Plattform zu fördern.
Die Digitalstrategie der Bundesregierung widmet dem Thema Souveränität einen eigenen Punkt, so heißt es: „Gemeinsam mit Ländern und Kommunen minimieren wir die Abhängigkeiten von Technologieanbietern mit Hilfe von Open-Source, offenen Schnittstellen und offenen Standards und entwickeln eine Multi Cloud Struktur“. Messen lassen will man sich u.a. daran, ob ZenDis aufgebaut, der souveräne Arbeitsplatz bereitgestellt und Multi-Cloud-Struktur realisiert wurden. Und hier könnte sich der Kreis schließen bzw. die Frage nach der gesetzlichen Verankerung der vorrangigen Beschaffung von OSS erneut stellen, denn auch für die Beschaffung im Rahmen der Multi-Cloud-Strategie braucht es Regeln.
Vorschlag des Gutachters
Von diesen Möglichkeiten wird die Verankerung in der Vergabeverordnung oder im E-Government-Gesetz als am besten geeignet beschrieben. Der Formulierungsvorschlag für eine mögliche gesetzliche Regelung schließlich lautet:
1. Zur Gewährleistung einer weitreichenden Interoperabilität sind neue Anwendungen und Technologien mit offenen Schnittstellen sowie Standards auszustatten und hierüber nutzbar zu machen. Neue Anwendungen und Technologien sollen möglichst abwärtskompatibel sein.
2. Der Einsatz von Open-Source-Software soll vorrangig vor solcher Software erfolgen, deren Quellcode nicht öffentlich zugänglich ist und deren Lizenz die Verwendung, Weitergabe und Veränderung einschränkt sowie Anwendungen und Technologien eingesetzt werden, die über ihren gesamten Lebenszyklus nachhaltig sind.
3. Bei neuer Software, die von der Verwaltung oder speziell für diese entwickelt wird, ist der Quellcode unter eine geeignete Freie-Software- und Open-Source-Lizenz zu stellen und zu veröffentlichen, soweit keine sicherheitsrelevanten Aufgaben damit erfüllt werden und dies lizenzrechtlich zulässig ist.
Das Gutachten solle einen Impuls geben, „wie Open-Source-Software im Sinne des Koalitionsvertrages tatsächlich gestärkt werden kann“, so Ganten.
Dieser Beitrag stammt ursprünglich von unserem Partnerportal eGovernment.de.
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Stand vom 30.10.2020
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