Beliebte Code-Editoren, Teil 1 Visual Studio Code und Atom unter Windows
Zum Programmieren benötigt man zwei Dinge: Die Fähigkeit zu entwickeln und die bestmöglichen Werkzeuge dafür. Bei den Code-Editoren sind die Unterschiede zwischen guten und schlechten Tools aber nicht so leicht auszumachen.
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Nicht nur für Heimwerker gilt, dass die Arbeit mit guten Werkzeugen deutlich einfacher von der Hand geht. Im Wesentlichen lässt sich sagen: Wer mehr Geld ausgibt, bekommt bessere Tools. Aber lässt sich das eins zu eins auf den Bereich der Softwareentwicklung übertragen?
Seit Jahrzehnten stellen sich Programmierer die Frage, ob sie eine ausgewachsene integrierte Entwicklungsumgebung (IDE) oder einen simplen Texteditor nutzen sollen. Eigentlich ist das aber gar nicht notwendig. Es muss weder das gigantische Microsoft Visual Studio sein, noch das quasi Feature-lose Notepad.
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe an Code-Editoren, die zwischen diesen beiden Polen existieren und mal mehr in die eine oder andere Richtung schwanken; wenn man überhaupt noch eine Unterscheidung machen kann – denn mit Erweiterungen baut man sich im Grunde aus dem Editor eine eigene IDE.
Gute Code-Editoren zeichnen sich zumindest über Syntax-Highlighting, Autovervollständigung, erweiterte Bearbeitungsfunktionen wie Mehrfachauswahl sowie umfangreiche Anpassungs- und Erweiterungsmöglichkeiten aus. Auch das Debuggen und Kompilieren beherrschen viele Programme.
Unter Windows dürfte Notepad++, wenn es in Richtung Editor geht, die klare Nummer 1 sein. Zwei weitere populäre Kandidaten möchten wir Ihnen hier kurz vorstellen: Visual Studio Code, den Open-Source-Editor von Microsoft, sowie den ebenfalls quelloffenen Ansatz Atom von GitHub. Apropos: Auch die Anbindungsmöglichkeiten an Git oder GitHub können ein interessantes Merkmal sein.
Visual Studio Code
Microsofts Code-Editor ist nicht bloß Open-Source-Software, sondern auch plattformübergreifend verfügbar, was ihn zu einer guten Wahl macht. Syntax-Highlighting und Autovervollständigung verstehen sich dabei von selbst. Damit sind die Grundlagen schon einmal gegeben.
Nicht selten sind komplexe Entwicklungsumgebungen nicht ganz trivial einzurichten, aber hier punktet VSC: Die Installation verschlingt nach Fertigstellung lediglich schlanke 180 Megabyte und der Editor funktioniert auf Anhieb.
Das Layout ist angenehm übersichtlich: Links die Activity Bar für unterschiedliche Arbeitsbereiche wie Debugging, Erweiterungen oder Quelltextverwaltung. Die jeweiligen Details, etwa Statusmeldungen oder verfügbare Add-ons, finden sich in der Side Bar direkt daneben. Im großen Bereich rechts sind folglich alle Dokumente in Form von Tabs untergebracht und darunter ein Statusfenster für Problem- und Debug-Meldungen, Output des Codes und ein integrierter Windows-Terminal.
Letztlich ist das ganze Layout einigermaßen standardmäßig und so sehr einfach zu verstehen. Aber es gibt schon auf den ersten Blick Kleinigkeiten darüber hinaus. Beispielsweise gibt es eine Mini-Übersicht des aktuellen Codes, was bei großen Dateien enorm hilfreich ist. Zumal man diese alternativ zum Scroll-Balken zum Navigieren nutzen kann.
Sehr gut gelöst ist auch die Integration der Einstellungen, da diese genau wie Dokumente schlicht in Tabs dargestellt werden. MS Code versteht einen Bereich mit Tabs intern als einen “Editor”. Sie können natürlich auch mehrere solcher Editoren mit jeweils mehreren Tabs nebeneinander nutzen, indem Sie einfach „STRG+^“ oder das entsprechende Icon betätigen.
Auf diesem Weg ist es zum Beispiel möglich, eigene Bereiche nur für Tabs mit Einstellungen zu positionieren. Über das „View“-Menü lassen sich Bereiche aber auch vertikal splitten, als Spalten-Layout definieren oder gar als Raster – die Möglichkeiten sind wirklich grandios.
Features im Überfluss
MS Code unterstützt direkt nach der Installation bereits Dutzende Sprachen, inklusive Shell-Skripten, Make-Dateien, Powershell, HTML und sonstigen Standards. Wenn die automatische Erkennung nicht klappt, lässt sich über die Statusleiste unten einfach die Sprachauswahl aufrufen. Ist die Sprache korrekt erkannt oder gewählt, funktionieren Autovervollständigung und Highlighting sofort perfekt.
VSC bietet viele kleine Features, die das Leben erleichtern. Markieren Sie beispielsweise einfach mal ein Wort und drücken Sie „STRG+D“. Damit wird die nächste Instanz des gewählten Worts markiert. So ist es möglich, mehrere Instanzen On-the-Fly zu bearbeiten. Über das Einstellungs-Zahnrad unten links lassen sich alle Tastenkürzel und damit viele Funktionen sehr übersichtlich aufrufen – was Sie auch direkt nach der Installation tun sollten.
Zwei Features muss man aber hervorheben: Zum einen findet sich in der Activity Bar ganz unten der Bereich für „Extensions“, sprich Erweiterungen. Alle Add-ons werden hier nicht nur sauber aufgelistet und kurz beschrieben, sondern lassen sich auch direkt über einen Button installieren und gegebenenfalls konfigurieren. Doch Vorsicht: Bevor es ans wilde Installieren geht, sollte man zunächst schauen, was es schon standardmäßig gibt.
Beispielsweise wurden etliche git-Extensions integriert, womit wir auch gleich das zweite große Feature kennen: Der git-Zugriff ist direkt integriert – und zwar nahtlos. Sobald eine Datei aus einem lokalen git-Repository in den Editor geladen wird, lassen sich auch schon die Änderungen anzeigen, Commits tätigen oder Pushes durchführen.
Die Repos werden in der Seitenleiste dargestellt, git-Befehle werden über Menüs direkt an den Dateien beziehungsweise am Repo durchgeführt. So intuitiv ist git selten – wenn man denn git und die wichtigsten Befehle versteht.
Im Vergleich mit einem Texteditor wirkt VS Code regelrecht erschlagend, aber gerade die einfache Integration von Erweiterungen macht das Tool zumindest unter Windows zu einer sehr guten Wahl. Dennoch müssen auch hier Kleinigkeiten nachbearbeitet werden. Beispielsweise lassen sich AutoHotkey-Skripte nicht automatisch starten, da die AutoHotkey-EXE nicht im Windows-Pfad ist und VS Code sie nicht automatisch findet – aber das ist wohl eher ein Microsoft-Problem.
Atom
Der Code-Editor Atom stammt aus dem Hause GitHub – Grund genug, ihn sich anzuschauen. Aber war da nicht was? Im Jahr 2018 hat Microsoft GitHub gekauft. Ein Schelm, wer da nun an eine Verschmelzung von VS Code und Atom denkt. Noch handelt es sich aber um einen eigenständigen Editor, der sich – so viel vorweg – funktional nicht allzu sehr von seinem Stiefbruder unterscheidet. Allerdings gibt es durchaus Unterschiede.
Es fängt mit der Installation an: Auch Atom wird einfach per Klick installiert und läuft auf Anhieb einwandfrei, benötigt aber knapp 700 Megabyte Speicherplatz. Und wo VS Code nach dem Start für einen Editor regelrecht überfrachtet wirkt, bleibt Atom komplett schlicht.
Das ist hier auch konzeptionell bedingt: Atom lässt sich je nach Bedarf massiv erweitern und anpassen, es stehen über 8.000 Pakete mit weiteren großen oder kleinen Funktionen bereit. Auch hier können Add-ons direkt aus Atom selbst heraus installiert werden, aber auch über Atom-Links von der Webseite.
Auch der Einstieg sollte parallel verlaufen: Die Ansicht lässt sich über die Split-Optionen aus dem Kontextmenü heraus komplett anpassen und in den Einstellungen sind die Punkte Keybindings, Themes und Packages die besten Einstiege. Im Grunde können Sie Atom damit zu einem VS-Code-Klon hochziehen.
Die Unterschiede stecken danach eher im Detail: Atom kopiert eine Zeile mit „STRG+SHIFT+D“, VS Code mit „STRG+ALT+DOWN“. Auf einem ähnlichen Niveau bewegen sich viele Unterschiede in den Tools – jeweils anpassbar über Einstellungen, Tastenkürzel oder Add-ons.
Kollaboration
Dass ein von GitHub stammender Editor mit git klarkommt, ist wohl selbstverständlich. Auch hier werden aus lokalen Repos geöffnete Dateien sofort als solche erkannt und können mit git verarbeitet werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob man GitHub oder einen eigenen git-Server nutzt. Das Handling gestaltet sich ein wenig anders als bei VS Code, ohne dabei besser oder schlechter zu sein. Es ist eindeutig Geschmackssache.
Kollaboration treiben aber beide Tools noch einen Schritt weiter: Bei Atom lässt sich über das Add-on „Teletype“ live gemeinsam an einem Dokument arbeiten. Das Ganze läuft über eine verschlüsselte Peer-to-Peer-Verbindung, initialisiert über die Atom-Server. Bei Microsoft nennt sich diese Funktion „Visual Studio Live Share“. Über Live Share lassen sich dann auch Terminals oder Server teilen – perfekt für Schulungen.
Atom oder VS Code?
Die Frage ist wahlweise sehr einfach oder sehr schwer zu beantworten. Einerseits können am Ende des Tages beide Editoren in etwas dasselbe, wenn man nur genug nachinstalliert und konfiguriert. Von daher könnte man einfach eine Münze werfen. Andererseits wird man als Entwickler zunehmend pingelig, wie genau einzelne Aufgaben im Arbeitsalltag anzugehen sind – fragen Sie mal Menschen, die seit Jahrzehnten Emacs oder auf der anderen Seite Vim nutzen.
An dieser Stelle hilft nur eines: Die üblichen Workflows mit beiden Tools durchspielen. Der einzige wirklich große Unterschied besteht darin, dass VS Code von Grund auf wie eine klassische, monolithische Software daherkommt, die als Eierlegende Wollmilchsau konzipiert ist. Atom wirkt eher wie ein schlanker Baukasten für eine eigene Arbeitsumgebung. Und da sind die Geschmäcker nun einmal verschieden.
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