Die leichtgewichtige IDE-Alternative Visual Studio Code als Editor
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Der von Github entworfene Atom-Editor war der Grund für die Entwicklung des bekannten Electron-Frameworks und bildet somit auch für Visual Studio Code die Basis. Nun ist das Ende von Atom besiegelt – und VSCode könnte in einigen Fällen die Nachfolge antreten.

Atom, der von Github entwickelte „hackable text editor for the 21st Century”, dem auch dieser Text entsprungen ist, wird Ende 2022 eingestellt. Zeit also, sich über eine Alternative Gedanken zu machen. Bei VSCode liegt der Fokus klar auf der Bearbeitung von Quellcode, dennoch versteht sich das Tool eher als Editor denn als IDE.
Ungeheuer schnell
Entwickler, die das erste Mal mit VSCode arbeiten, begeistert vor allen Dingen die ungeheure Leichtigkeit. VSCode startet schnell und ist während der Arbeit performant. Die nahezu allen größeren IDEs innewohnende Trägheit geht VSCode komplett ab. Zum Vergleich: Der Start von VSCode auf meinem etwas älteren Mac mini dauert etwa fünf Sekunden. Die Java-IDE Spring Tool Suite gönnt sich dagegen um die 20 Sekunden, bis sie einsatzbereit ist. Eclipse braucht noch einmal fünf Sekunden länger.
Sauber aufgebaut
Nach dem Start präsentiert sich VSCode in gewohntem IDE-Aufbau. Auf der linken Seite des Fensters findet sich die Activity Bar, mit der sich zwischen verschiedenen Modi wechseln lässt. Ein Klick auf einen der Buttons darauf tauscht die Primary Side Bar (der Bereich direkt rechts neben der Activity Bar) aus.
Zur Verfügung stehen standardmäßig der Explorer zur Navigation im Projekt, eine Suche, Source Control zur Git-Versionsverwaltung, Run and Debug sowie Extensions zur Verwaltung der Plug-ins. Abhängig von installierten Erweiterungen können weitere Aktivitäten wie zum Beispiel Docker dazu kommen.
Geöffnete Dateien werden im Editor-Bereich rechts neben der Primary Side Bar in Form von Reitern angezeigt. Dieser Bereich lässt sich horizontal oder vertikal splitten, um Dateien miteinander vergleichen zu können. Wer mag, kann ganz auf der rechten Seite noch eine zweite Side Bar einblenden und nutzen.
Im unteren Bereich findet sich das Panel, dass über die Reiter Output, Terminal, Debug Console und Problems einen Einblick in das Innenleben der Anwendung gestattet. Das Terminal öffnet sich direkt im Ordner des geöffneten Projekts, npm- oder -yarn-Aufrufe beispielsweise werden also direkt auf das Projekt angewandt.
Mit dem Plus-Button lassen sich weitere Terminals öffnen, sie werden untereinander aufgelistet und können zur besseren Identifizierung mit einem Namen versehen werden. Wirklich praktisch! Ganz am unteren Rand werden in der Status Bar unter anderem die aktuelle Position des Cursors, das Encoding und die erkannte Programmiersprache angezeigt.
Wie es sich für einen echten Editor gehört bietet VSCode natürlich auch Unterstützung für schnelle Tastatureingaben. Eine Tastenkombination die man sich auf jeden Fall merken sollte ist [Shift+Alt+P]. Sie öffnet die Command Palette und damit quasi das Schweizer Taschenmesser des Editors. Mit der Command Platte lässt sich praktisch jede Aktion in VSCode über die Tastatur ausführen. Einfach einen Begriff (wie etwa „search“) eingeben und dann aus der Liste der angebotenen Möglichkeiten auswählen.
Git on Board
Die Anbindung an das Versionsverwaltungssystem Git in VSCode ist überzeugend gelöst. In der Aktivität Source Control werden geänderte Dateien aufgelistet. Ein Klick auf den Namen der Datei zeigt die Unterschiede im Split-Editor an, wobei man per Button-Klick von Änderung zu Änderung springen kann.
Mit dem Plus-Button lassen sich geänderte Dateien in die Staging Area verschieben und mit dem Haken-Button nach Eingabe einer Nachricht committen. Fetch und Pull verbergen sich hinter der Schaltfläche mit den drei Buttons am oberen Rand der Primary Side Bar. Der aktuelle Branch wird in der Status Bar angezeigt. Klickt man ihn an, kann man den Branch wechseln oder einen neuen Branch anlegen.
Erweiterbar dank Plug-ins
Wie Atom ist VSCode mit Hilfe von Plug-ins konfigurierbar. VSCode ohne Plug-ins ist nur ein Grundgerüst mit den wichtigsten Funktionen für die Arbeit mit dem Code. Erst durch die passenden Erweiterungen wird VSCode zur vollwertigen IDE für unzählige Programmiersprachen (z.B. C++, Java, JavaScript, TypeScript, Julia und viele mehr).
VSCode schlägt während der Arbeit automatisch sinnvolle Plug-ins vor, die sich dann auf Knopfdruck installieren lassen. Man kann aber auch in der Activity Extensions mit dem Suchfeld im Marketplace nach Erweiterungen stöbern. Zu vielen Themen gibt es Sammlungen, die gleich mehrere Hilfsmittel zusammenfassen. Die bereits installierten Plug-ins findet man ebenfalls in der Activity Extensions und kann sie dort bei Bedarf auch wieder entfernen.
Themes: Dracula vs. Winter is coming
Modetrends in der IDE-Welt sind selten, aber es gibt sie. Seit gut zehn Jahren wechselt der hippe Developer gerne vom langweiligen weiß auf düstere Themes. Teils aus Gründen der Lesbarkeit, teils um dem eigenen Code etwas futuristisch Matrix-haftes zu verleihen ;-) Wie auch immer, VSCode unterstützt auf jeden Fall Themes.
Man findet die Möglichkeit, das Erscheinungsbild zu wechseln unter Code > Preference > Color Theme. Wenn die Standard-Themes nicht genügen – im Extension Marketplace gibt es weitere Modifikationen zum Download.
Fazit: Unbedingt empfehlenswert!
VSCode ist quelloffen, kostenlos und für die gängigen Plattformen (macOS, Windows, Linux) verfügbar. Selbst für Raspberry Pi OS ist der Editor erhältlich und läuft dort auf neueren Pi-Modellen ansehnlich schnell. Für die Webentwicklung mit JavaScript oder TypeScript ist VSCode schon seit geraumer Zeit der Quasi-Standard. Durch die unzähligen Plug-ins ist VSCode die eierlegende Wollmilchsau unter den Code-Editoren und wird schnell zum persönlichen Lieblingswerkzeug.
Wer den Editor noch nicht ausprobiert hat, solle das unbedingt nachholen (und sich dabei nicht vom sehr ähnlichen Namen einer älteren IDE abschrecken lassen). Und mit was schreibe ich nun, wenn Atom eingestellt wird? Sie ahnen es.
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