Fallstudie zu Nutzungsdaten-Analyse in der Produktentwicklung Usage Analytics für CAD/CAM-Software

Von Nicole Segerer * |

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Softwareentwickler stehen unter dem Druck, neue Lösungen und Versionen so schnell wie möglich bereitzustellen. Dabei helfen Betriebs- und Nutzungsdaten. Der US-Hersteller CNC Software implementierte ein Usage-Analytics-Tool, mit dem er seine CAD/CAM-Software stärker an Kundenanforderungen ausrichtet.

Eine Usage-Analytics-Software soll dabei helfen, die CAD- und CAM-Software Mastercam zu verbessern.
Eine Usage-Analytics-Software soll dabei helfen, die CAD- und CAM-Software Mastercam zu verbessern.
(Bild: CNC Software, Inc.)

Die CAD/CAM-Software Mastercam gehört mit über 274.000 Installationen zu den weltweit verbreitetsten Lösungen zur Steuerung von CNC-Maschinen. Eingesetzt wird die modular aufgebaute Software zur Produktion von Bauteilen im Werkzeug- und Formenbau, im Maschinenbau sowie im Bereich Automotive und in der Medizintechnik. Die Software deckt zahlreiche Funktionen ab, sowohl im Bereich des Zwei- und Fünf-Achs-Fräsen und -Drehens als auch bei der künstlerischen Reliefbearbeitung, beim 2D- und 3D-Design sowie beim Flächen- und Solid-Modeling.

Die Anforderungen und Bedürfnisse der Anwender stehen bei Mastercam seit jeher im Fokus. Aus diesem Grund hat CNC Software auch ein Analyse-Tool implementiert, das die Nutzungsdaten seiner Software sammelt und für die Entwicklung neuer Produktversionen einsetzt. Usage Intelligence ist für Software-Engineers die Ausgangsbasis, um datengetriebene Entscheidungen zu treffen und die Funktionalitäten der Anwendung kontinuierlich zu optimieren.

Die Idee dahinter ist simpel: Wer weiß, was Anwender in der Praxis benötigen, kann sein Produktportfolio entsprechend anpassen und Kundenwünsche antizipieren. Die Analyse gibt Aufschluss darüber, wie Anwender die Software nutzen und welche Features dabei besonders häufig zum Einsatz kommen. Auch UI/UX-Probleme oder plattformspezifische Bugs lassen sich so einfacher identifizieren. Im IT-Umfeld hat die automatisierte Nutzungserfassung vor allem mit der Cloud und im Rahmen des IoTs bzw. IIoTs an Bedeutung gewonnen.

Gesucht: Usage-Analytics-Tool

CNC Software versuchte längere Zeit, ein solches Analytics-Tool Inhouse zu entwickeln. Jedoch ohne Erfolg. Denn wie jedes komplexe Softwareprojekt bringt auch die Implementierung eines Analysesystems für die Softwarenutzung etliche Herausforderungen mit sich. Neben der peniblen Planung in Bezug auf Hardware-Infrastruktur, Software und Backup gilt es, eine zuverlässige und sichere Telemetrie zwischen Client und Server aufzubauen.

Lösungen für Software Usage Analytics sammeln und verarbeiten zudem in der Regel Terabytes an Daten, so dass alternative, hochskalierbare Datenbanken sowie entsprechende Visualisierungs-Frameworks nötig sind. Von Datenschutz und diversen Sicherheitsmaßnahmen ganz zu schweigen.

Eine solche Lösung auf eigene Faust auf die Beine zu stellen, hätte nicht nur viele Development-Ressourcen in Anspruch genommen, meint , erklärt Russ Bukowski, Director of Product Design bei CNC Software: „[Sie hätte auch] viel Arbeit für das Produktmanagement, die Geschäftsassistenz und die IT-Teams bedeutet. Nach einer ersten Kostenanalyse war klar: Wir fahren deutlich besser, wenn wir uns an einen Anbieter wenden.“

Die Suche nach einer kommerziellen Lösung war jedoch nicht einfach. Der Code der Mastercam-Software basiert auf unterschiedlichsten Programmierwerkzeugen. Das heißt wiederum, dass auch die Software-Usage-Analytics-Lösung diese heterogene Codebasis mit nicht verwalteten Typen, hier in C++, sowie verwaltete .NET-Komponenten unterstützen muss.

Nach drei Monaten intensiver Markrecherche waren nur noch wenige Kandidaten in der engeren Auswahl. Schließlich entschied sich CNC Software für die Usage-Intelligence-Plattform von Revenera (vormals Flexera). Neben den Funktionalitäten und dem Support überzeugten den Hersteller vor allem das Preismodell: Im Vergleich zur Inhouse-Lösung, lagen die Kosten des Analytics-Tools fast fünfmal niedriger.

Beliebige Features flexibel verfolgen

Mit der Usage-Intelligence-Anwendung kann CNC Software praktisch jedes einzelne Feature seiner Software in Echtzeit beobachten und wichtige Erkenntnisse sammeln. Die hohe Flexibilität bei der Auswahl der zu beobachtenden Parameter ist für den Hersteller entscheidend.

Screenshot Analytics-Tool (Beispiel): User Engagement, Nutzung von Funktionen etc.
Screenshot Analytics-Tool (Beispiel): User Engagement, Nutzung von Funktionen etc.
(Bild: Revenera)

Über den Umfang von Mastercam berichtet Bukowski. „Insgesamt finden sich in der Anwendung rund 1.200 Features. Manche umfassen nur wenige Steuerfunktionen. Andere wiederum decken 24 Dialogfenster und knapp 500 Bedienelemente und Einstellmöglichkeiten ab. Mit dem Analytics-Tool können wir gezielt jede dieser Funktionen auswählen und erhalten so exakt die Informationen, die für uns relevant sind.“

Vertrieb am Nutzungsverhalten ausrichten

Nach einer internen Testphase kam das Analytics-Tool schnell auch zum Einsatz. Und nach einem Monat konnte CNC Software auf relevantes Feedback in Echtzeit zurückgreifen. Vor allem bei neuen Versionen von Mastercam sind die Daten nahezu unersetzlich. So kann der Hersteller bereits vom ersten Tag an die Adoptionsrate verfolgen, kleinere Kinderkrankheiten beseitigen und sich in die Fehleranalyse stürzen.

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Nutzungsmuster in jeder der 19 Sprachen von Mastercam geben wichtige Hinweise zu Markttrends und regionale Unterschiede. Auf dieser Basis kann CNC Software dann gemeinsam mit dem globalen Vertriebsnetz entsprechende Maßnahmen einleiten, das Marketing benachrichtigen oder Preise anpassen.

„Unsere CAD/CAM-Software deckt eine ganze Bandbreite von Bearbeitungstechnologien ab. Die Kernfunktionen der Anwendung können deshalb für jemanden in Deutschland ganz anders sein als für jemanden in den USA oder Brasilien“, sagt Bukowski. „Wenn also ein neues Feature bei bestimmten Zielgruppen nicht angenommen wird, können wir dem gezielt nachgehen.“

Erfolgreiches Redesign in 18 Monaten

Mittlerweile hat die Usage Intelligence bei CNC Software einen festen Platz bei der Optimierung von Produkten. Eine wichtige Rolle spielten die Analyse der Nutzungsdaten bereits bei der Entwicklung des User Interface (UI) von Mastercam 2017. Ziel war es, die Benutzeroberfläche möglichst schnell und kosteneffizient zu modernisieren und damit den Anforderungen auf Kundenseite gerecht zu werden.

Beim Design entschieden sich die Entwickler für ein einfaches Menüband (Ribbon), das die verschieden Elemente wie Menüsteuerung, Symbolleisten und Dialoge miteinander verbindet. Dieses einfache, von Microsoft Office eingeführte Bedienkonzept hatte nur einen Haken: Wie sollten die rund 1.200 Funktionen von Mastercam darin angeordnet werden? Welche Gruppierungen ergeben Sinn? Und welche Features gehören in die Schnellstartleiste? Das Analytics-Tool lieferte hier die entscheidenden Daten – in Bezug auf die am häufigsten genutzte Features, der häufigste Kombinationen und ähnliches.

Das Redesign dauert insgesamt 18 Monate. Nach Bukowski hätte das Projekt ohne Usage Analytics leicht doppelt so viel Zeit in Anspruch genommen. Statt die neue Benutzeroberfläche phasenweise über drei Releases hinweg bereitzustellen, profitieren die Anwender von Beginn an von der besseren Navigation. Eine Dauerschleife aus Beta-Versionen konnte so vermieden werden. Feedback kam nicht nur schneller, sondern auch besser an, da CNC Software alle Beta-Tester gezielt verfolgen konnte.

Nicole Segerer
Nicole Segerer
(Bild: Revenera)

Das Ergebnis war ein rundum erfolgreiches Redesign. „Die Umfragen unter den Anwendern fielen überwältigend positiv aus“, sagt Bukowski. „Je komplexer ein Produkt, desto größer die Gefahr, dass die intuitive Bedienung leidet. CNC Software engagiert sich stark im Ausbildungssektor. Daher ist es uns wichtig, dass jede neue Software auch für den Unterricht geeignet ist und den Schülern das Lernen erleichtert. Eine auf Nutzungsdaten aufgebaute Benutzeroberfläche senkt die Einstiegshürden und steigert damit unseren Umsatz. Und unsere Anwender freuen sich über die einfache und schnelle Bedienung.“

* Nicole Segerer ist VP of Product Management und Marketing bei Revenera.

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