Software-Lokalisierung, Teil 3 Software für Zielmärkte übersetzen

Autor / Redakteur: Christian Rentrop / Stephan Augsten

Bei der Software-Internationalisierung geht es viel um Text und Inhalte. Diese müssen für die jeweiligen Zielländer lokalisiert werden. Doch wie kommt eine sinnvolle Lokalisierung zustande? Und was wird dafür benötigt?

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Das Design spielt eine wesentliche Rolle, wenn man Softwarer lokalisieren möchte.
Das Design spielt eine wesentliche Rolle, wenn man Softwarer lokalisieren möchte.
(Bild: Edho Pratama - Unsplash.com)

Wenn eine Software internationalisiert und für verschiedene Märkte vorbereitet werden soll, kommt es zur eigentlichen Lokalisierung. Gerade kleinere Software-Unternehmen oder Einzelentwickler kommen hier ins Straucheln.

Die Lokalisierung ist in aller Regel nämlich recht aufwändig und verlangt gleich mehrere Vorbereitungsschritte und muss letztlich verlässlich sein – schließlich reichen die Sprachkenntnisse in House in aller Regel nicht aus, um die Lokalisierung für jeden Markt zu prüfen und zu optimieren. Von daher gilt es, die Lokalisierung auszulagern. Damit das nicht aus dem Ruder läuft, gibt es einige Dinge zu beachten.

Die Internationalisierung als Vorbereitung

Zunächst sollte sichergestellt sein, dass die Internationalisierung vollständig und nach den Maßstäben der geplanten Zielmärkte erfolgt ist. Dies betrifft insbesondere das Design. Schaltflächen, grafische Elemente, Farbpaletten und andere Elemente sollten austauschbar gestaltet und an die Gepflogenheiten der Zielmärkte angepasst sein. Nur eine derart vorbereitete Software erlaubt eine schnelle und effiziente Lokalisierung – und stellt damit die Basis für alle weiteren Schritte dar.

Eine Sprach-Roadmap definieren

Nun gilt es, eine Roadmap für die Zielmärkte zu erstellen: Welche Länder und Regionen sollen wann lokalisiert sein? Üblich ist im ersten Schritt normalerweise mindestens eine englischsprachige Lokalisierung neben der regulären „Muttersprache“ des Projekts wie zum Beispiel Deutsch.

Zunächst sollte also dafür gesorgt werden, dass die Software auch in englischer Sprache auf englischsprachigen Rechnern für englischsprachige Nutzer übersetzt wird. In weiteren Schritten können dann weitere Sprachversionen erstellt werden. Es ist sinnvoll, verwandte Lokalisierungen – also etwa Spanisch und Italienisch – in einem Schritt zu erstellen, um gegebenenfalls vorliegende Designprobleme nur einmal korrigieren zu müssen.

Auf der anderen Seite ist es natürlich sinnvoll, Lokalisierungen nach dem Marktpotenzial oder den geplanten Release-Daten zu gliedern. Wenn Sie Ihre Abnehmer vor allem in China sehen, ist eine chinesische Lokalisierung natürlich allen anderen vorzuziehen. Eine englische Sprachversion schafft jedoch auf Anhieb einen sehr breiten Markt.

Die Sache mit dem Englisch

Wie bekannt sein dürfte, existiert allerdings nicht DIE englische Sprache: Zwischen Großbritannien und den USA gibt es eine Reihe von Unterschieden in der Sprech- und Schreibweise sowie im Umgang mit Redewendungen. Das hat Einfluss auf Software-Funktionen wie etwa die Suche, Hilfetexte oder die Rechtschreibkorrektur.

Als Ausweichmaßnahme kann das sogenannte „Global English“ oder „Globish“ als Standard der internationalen englischen Sprache verwendet werden, wobei es sich um eine vereinfachte Form des Englischen handelt, die jedoch nicht formalisiert ist. Allerdings ist dieses „Simpel-Englisch“ zwar in der Geschäftssprache nützlich, nicht jedoch in der User-Ansprache eines Muttersprachlers.

Von daher sollten Sie überlegen, ob Sie Ihre Software eher in den USA (EN-US) oder Großbritannien und dem Commonwealth, also den Ländern des ehemaligen britischen Empires, anbieten möchten. Im Zweifel ist es sinnvoll, Versionen für beide wichtigen Englisch-Varianten sowie die Dialekte für Ozeanien, Kanada und Südafrika erstellen zu lassen.

Gleiches gilt auch für andere Sprachräume mit Dialekten oder Varianten im Vokabular. Während sich österreichisches Deutsch nur marginal von dem in Deutschland geschriebenen unterscheidet, gibt es in ehemaligen Imperialstaaten – etwa Portugal, Spanien oder den Niederlanden – größere Unterschiede zwischen den ehemaligen Kolonien, die gegebenenfalls abgedeckt werden sollten. Im Zweifel kann hier auf die Funktionen des Betriebssystems zurückgegriffen werden.

Lokalisierung-Dienstleister: Single Language oder Global Language?

Ist die Sprach-Roadmap entwickelt, geht es um die eigentliche Lokalisierung der Software. Die dafür vorhandenen Dienstleister sind zahlreich und greifen in aller Regel auf die Schnittstellen zurück, die im Rahmen der Internationalisierung in die Software eingebaut wurden (etwa: Sprachdateien und Layout-Vorgaben, auf die der Code zurückgreift). Diese werden dann von diesen Dienstleistern entsprechend der Landessprache und den Gepflogenheiten angepasst.

Grundsätzlich wird dabei zwischen Single-Language-Vendors (SLV), die nur eine Sprache lokalisieren, und Global-Language-Vendors (MLV) für die globale Lokalisierung unterschieden. Die Vor- und Nachteile liegen auf der Hand: Beide Übersetzungsdienstleister bieten zwar typischerweise ein breites Spektrum an Übersetzungsoptionen – allerdings sind Single-Language-Vendors in aller Regel kleiner, da sie sich eben auf nur eine Sprache konzentrieren.

Das kann bei der Umsetzung der Lokalisierung in nur wenige Sprachen durchaus Vorteile haben: Die Wege sind kürzer, Ansprechpartner leichter erreichbar und in aller Regel ist der Service preiswerter. Größere Projekte sind allerdings auf mehrere Sprachen „auf einen Schlag“ angewiesen – hier kann der MLV der sinnvollere Partner sein.

Selbst übersetzen mit automatischen Übersetzern?

Natürlich gibt es auch noch die Möglichkeit, die Software selbst (oder mit Hilfe eines Übersetzers) zu lokalisieren. Das kann vor allem bei kleinen Apps oder simplen Spielen sinnvoll sein, die nur eine sehr basale Lokalisierung vornehmen müssen.

Grundsätzlich gibt es eine Reihe von Tools zur maschinellen Übersetzung, von Googles Translate (https://translate.google.com/?hl=de) oder Lösungen wie der Software Babylon (http://translation.babylon-software.com), die für sehr einfache Übersetzungsarbeit – etwa von Schaltern und Textschnipseln, wie sie in Gaming-Apps vorkommen – oft ausreichen. Für längere Texte sind sie jedoch nicht geeignet: Es fehlt an der nötigen künstlichen Intelligenz, um Sinn und Zusammenhang von Text zu begreifen – ein für eine Übersetzung zwingend nötige Voraussetzung.

Computerunterstützte Übersetzung

Die Alternative sind Tools zur computerunterstützten Übersetzung, sogenannte CAT-Tools (computer-assisted translation): Hier übersetzt zwar der Mensch, doch die Software hilft dabei, Formulierungen und Stil möglichst einheitlich über die verschiedenen Sprachen hinweg und mit der gegebenenfalls branchenspezifischen Terminologie inklusive Fachbegriffen aufrecht zu erhalten.

Der Übersetzungsvorgang läuft üblicherweise von Satz zu Satz oder von Block zu Block und erlaubt das Festlegen fester Übersetzungen für bestimmten Begriffskonstrukte mit Hilfe eines Übersetzungsspeichers, der jederzeit wieder abgerufen werden kann. Professionelle Übersetzungs-Dienstleister verwenden solche Tools, bei kleinen Projekten kann es sich aber lohnen, einen selbstständigen Übersetzer mit CAT-Software auszustatten, zumal es hier durchaus brauchbare Open-Source-Lösungen wie Anaphraseus für OpenOffice oder OmegaT gibt. Auch proprietäre Lösungen sind erhältlich.

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