Das verbreitetste Betriebssystem als Dev-Umgebung Software-Entwicklung mit Windows

Von Christian Rentrop

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Microsoft Windows trägt den größten Teil der weltweiten Computer-Infrastruktur. Doch eignet sich das System deshalb auch besser für die Software-Entwicklung? Zumindest spielen viele frühere Gegenargumente keine Rolle mehr.

Für Microsoft-Betriebssysteme entwickeln ist die eine Sache, aber wie sieht es mit Windows-Umgebungen aus?
Für Microsoft-Betriebssysteme entwickeln ist die eine Sache, aber wie sieht es mit Windows-Umgebungen aus?
(Bild: PPPSDavid / Pixabay)

An Microsoft Windows scheiden sich seit Dekaden die Geister. Einerseits ist das Betriebssystem nach wie vor der Quasi-Standard bei Desktop-Rechnern und Notebooks. Andererseits hat das System den Ruf, instabil und ineffizient zu sein. Konfigurationsdateien nutzen Entwickler mit YAML, XML oder auch JSON täglich, die Windows Registry erscheint da antiquiert, um nur ein Beispiel zu nennen.

Gegenüber Linux ist Windows bei vielen Entwicklern dementsprechend verpönt. Mit den jüngeren Windows-10-Versionen gibt es dafür aber kaum noch Gründe. Viele alte Baustellen wurden mit der Zeit beseitigt, auch wenn es zwischendurch immer mal wieder Rückschläge gab. Weitestgehend stabil läuft das OS bereits seit Version 7, hier konnte es gefühlt sogar noch nachlegen.

Inzwischen hat Microsoft dem Betriebssystem zudem eine vollwertige Shell spendiert, die auch SSH beherrscht. Und dank des Windows Subsystem for Linux (WSL) gibt es inzwischen auch die Möglichkeit, beliebte Linux-Versionen direkt unter Windows zu verwenden – ganz ohne lästige Installation von VMs.

Windows 10: Für Entwickler geeignet?

All diese Faktoren sorgen dafür, dass Windows 10 schon in seiner Grundausstattung inzwischen deutlich besser für die Software-Entwicklung geeignet ist als seine Vorgänger-Versionen. Alte Vorurteile wischt das aktuelle Microsoft-Betriebssystem ebenfalls vom Tisch, etwa den Aspekt der mangelnden Sicherheit oder der enormen Hardware-Anforderungen.

Zwar benötigt Windows 10 nach wie vor eine Software-Lizenz und einen halbwegs aktuellen Computer, um sinnvoll eingesetzt werden zu können. Trotzdem ist auch hier vieles besser geworden. Puristen, die die Kommandozeile zur Software-Entwicklung verwenden, werden bei Windows als Entwicklersystem natürlich weiterhin die Nase rümpfen.

Wichtige Gründe für den Windows-Einsatz

Dennoch hat Windows zwei Aspekte, die für Entwickler sinnvoll sein können: Einerseits müssen sich Entwickler, die Windows gewohnt sind, natürlich nicht erst mit Linux befassen. Andererseits besitzt Windows natürlich Stärken im Office-Bereich und bei Standard-Tools wie Photoshop, die eine Windows-Maschine unumgänglich machen können.

Wer sich also nicht mit der Administration mehrerer Systeme – egal ob auf verschiedenen Rechnern oder per Dual-Boot oder VM – herumschlagen möchte und ohne harten Wechsel sowohl von den Vorteilen von Windows als auch von Linux profitieren möchte, kommt derzeit kaum an Windows vorbei.

Visual Studio ist ein wichtiges Argument

Und es gibt noch ein schlagendes Argument für den Windows-Einsatz, und das ist Microsoft Visual Studio, das eine ausgesprochen leistungsfähige und breit unterstützte integrierte Entwicklungsumgebung (IDE). Die ist jedoch nicht für Linux verfügbar, nur Mac-Nutzer können ebenfalls davon profitieren.

Visual Studio erlaubt die effiziente Programmierung von Windows-Software und Web-Services. Zusätzlich kann es auch für die Entwicklung von iOS- und iPadOS- sowie Android-Software verwendet werden. Dadurch ist Visual Studio den meisten Lösungen auf anderen Plattformen deutlich überlegen, zudem ist es die komfortabelste Lösung, um für Microsofts weit verbreitete Azure-Cloud-Dienste zu entwickeln.

Gewohntes Umfeld nutzen

Nicht zu vergessen ist, dass Windows auch für viele Entwickler die „gewohnte“ Umgebung darstellt: Die Nutzung bestimmter Tools und Funktionen verhindert, dass teure Entwicklerstunden in der Suche nach bestimmten Funktionen verloren gehen. Selbst Entwickler, die die Linux-Konsole gewohnt sind, dürften sich daher inzwischen mit Windows 10 anfreunden können.

Die integrierte Linux-Umgebung WSL erlaubt schließlich den Zugriff auf viele praktische Linux-Kommandozeilentools mit wenigen Handgriffen: Wichtige Linux-Distributionen können einfach via Microsoft-Store auf das Windows-System geladen werden. Dadurch können Entwickler das System ganz nach ihren Wünschen anpassen und sich so auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren können.

Linux-Entwicklung direkt unter Windows

Durch dieses Zusammenspiel mit Linux ist Windows 10 hervorragend geeignet, um auch für Linux Anwendungen zu entwickeln und zu testen. Allerdings gibt es eine Reihe von Einschränkungen, vor allem durch die fehlende offizielle Unterstützung für grafische Benutzeroberflächen. Zudem sind durch den Windows-Unterbau und die Windows-Sicherheitsrichtlinien manche Linux-Funktionen nicht vollständig nutzbar.

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Und so ist das Windows-Subsystem-for-Linux zwar schneller und besser erreichbar als jede virtuelle Maschine – trotzdem schleppen Linux-Entwickler bei diesem Setup natürlich den ganzen Windows-Unterbau mit, was nicht immer gewünscht ist. An dieser Stelle wäre eine Linux-VM, ein Dual-Boot-System oder ein vollständiger Umstieg auf Linux die sinnvollere und günstigere Variante.

Windows ist hardwarefreundlich

Ein weiteres wichtiges Argument für Windows ist übrigens die hohe Kompatibilität zu aktueller und älterer Hardware: Hardwaretreiber sind in aller Regel für Windows verfügbar, wohingegen sie unter macOS und Linux oft „vergessen“ werden.

Während Linux zusätzliche Hardware deshalb oft erst spät oder gar nicht unterstützt und macOS mit manchem Gerät nichts anfangen kann, ist Windows hier hochflexibel und kompatibel. Gerade für Spiele- und HID-Entwickler, die auf spezielle Systemkomponenten, Schnittstellen oder zusätzliche Hardware zugreifen müssen, ist Windows deshalb derzeit am besten geeignet.

Für welche Entwickler eignet sich Windows?

Insgesamt bietet Windows 10 im Zusammenspiel mit Visual Studio eine leistungsfähige Entwicklungsplattform, die sich naturgemäß am besten für die Entwicklung innerhalb des Microsoft-Universums eignet. Allerdings stellt die Möglichkeit, direkt für Android, iOS, Linux und die Cloud zu entwickeln, einen großen Vorteil dar.

Aus Entscheider-Sicht spricht ebenfalls vieles für Windows: So ist das System nach wie vor der Quasi-Standard bei Arbeitsplatzrechnern, was die Administration gegenüber gemischten Netzwerken mit Windows- und Linux-Rechnern deutlich vereinfacht. Und bei Windows ist eine gewisse Einheitlichkeit, ein „kleinster gemeinsamer Nenner“ für die Entwicklung gegeben, die Linux oft schmerzlich vermissen lässt.

Fazit: Windows ist der perfekte Allrounder

Wer Software für Windows entwickeln möchte, kommt an Windows 10 als Entwicklersystem kaum vorbei. Egal ob basal mit den zahlreichen für Windows verfügbaren Editoren oder direkt mit der Allround-Suite Visual Studio: Windows ist für jeden Entwickler geeignet, sofern er sich mit Windows selbst anfreunden kann.

Entwickler profitieren unter Windows von einer gewohnten Umgebung, der breiten Verfügbarkeit von Standard-Software sowie der Kompatibilität zu den meisten Hard- und Softwareplattformen. Gegen den Einsatz von Windows sprechen deshalb eigentlich nur noch die Lizenzkosten – und die Tatsache, dass das Betriebssystem in der Vergangenheit mit enormen Sicherheitsproblemen zu kämpfen hatte.

Dieses Risiko besteht trotz aller Maßnahmen von Microsoft bis heute: Zwar besitzt Windows 10 inzwischen zahlreiche Sicherheitsnetze. Trotzdem sorgt allein seine hohe Verbreitung für Begehrlichkeiten bei Angreifern und Malware-Entwicklern. Wer diesbezüglich mehr Ruhe sucht, sollte deshalb zu Linux oder MacOS greifen.

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