Developer entlasten und richtig einteilen Open Source und mentale Gesundheit

Ein Gastbeitrag von Josep Prat * |

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Der Leistungsdruck in der Anwendungsentwicklung steht mit den teils zeitraubenden Prozessen in Open-Source-Projekten in Konflikt. IT-Unternehmen müssen deshalb verstärkt auf die mentale Gesundheit ihrer Developer achten und sie entsprechend unterstützen.

Strebt ein Unternehmen die Mitarbeit an Open-Source-Projekten an, sollten Sie den beteiligten Developern den Rücken freihalten.
Strebt ein Unternehmen die Mitarbeit an Open-Source-Projekten an, sollten Sie den beteiligten Developern den Rücken freihalten.
(Bild: mohamed_hassan / Pixabay)

Immer mehr Unternehmen werden sich bewusst, wie viel Mehrwert Open-Source-Lösungen für sie bieten. Der Einsatz von Open-Source-Technologien erfordert seitens der Entwicklerinnen und Entwickler aber eine andere Herangehensweise als bei herkömmlicher Software. Denn häufig dauert es länger, Verbesserungsvorschläge zu bearbeiten und in der Entwicklung auch umzusetzen.

Deadlines und interner Druck, Ergebnisse liefern zu müssen, wirken sich dann häufig negativ auf das Wohlbefinden der Entwicklerinnen und Entwickler aus. Mit teils verheerenden Folgen. So waren laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft 2020 die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Schnitt rund 18 Tage krankgeschrieben. Der mit Abstand häufigste Grund dafür waren psychische Erkrankungen (17.5 Prozent).

Open Source Know-How ist keine Selbstverständlichkeit

Open-Source-Projekte werden immer beliebter werden und viele Entwickler beschäftigen sich auch in ihrer Freizeit damit. Trotz dessen können Unternehmen nicht davon ausgehen, dass jeder Entwickler bereits über das nötige Know-how verfügt.

Ist die Erwartungshaltung der Vorgesetzten zu hoch, sorgt dies für Stress und Unsicherheiten – potenziell der erste Schritt hin zu einem Burn-Out. Außerdem sorgt solch eine Haltung für doppelte Frustration, sowohl beim Entwickelnden, der nicht Schritt halten kann als auch bei denjenigen, die die Änderungsvorschläge überprüfen und implementieren müssen.

Entscheidet sich ein Unternehmen also dafür, Teil der Open-Source-Gemeinschaft zu werden, muss auch sichergestellt sein, dass dieser Schritt mit den aktuellen Qualifikationen seiner Mitarbeiter übereinstimmt. Alternativ gilt es Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten und das Umfeld so zu gestalten, dass Developer sich nicht davor scheuen, Fehler zu begehen.

Unterstützung erhalten die Entwickler und Entwicklerinnen zum Beispiel durch Developer-Support-Plattformen oder -Programme. Dort werden ihnen nicht nur die zu ihren Aufgaben passenden Tools empfohlen, sie können darüber hinaus auch Fragen stellen, die das Know-How ihrer eigenen Kollegen womöglich übersteigen. Entwickler werden dabei entlastet, sich ausschließlich auf externe Kontakte zu verlassen, und erhalten so die bestmögliche Hilfe, um den Anschluss in der schnelllebigen Open-Source-Welt nicht zu verpassen.

Instandhaltung von Open Source – aber von wem?

Der Entschluss, sich an Open-Source Projekten zu beteiligen und davon zu profitieren, erfordert ein gewissen Maß an interner Umstrukturierung in den Teams. Sich darauf zu verlassen, dass Developer, die die Produkte des Unternehmens entwickeln, auch zu Open Source beitragen, ist keine skalierbare Lösung für dieses Problem.

Unter diesen Umständen müssen sie nämlich ständig abwägen, welche der zahlreichen Aufgaben, die sie auf dem Tisch haben, die wichtigste ist. Dies führt dazu, dass Open-Source-Beiträge meist zugunsten der Produktentwicklung verschoben werden. Darüber hinaus liegen administrative Aufgaben meist außerhalb des Kompetenzbereichs der Entwicklerinnen und Entwickler.

All diese Faktoren können sich negativ auf das Wohlbefinden der Fachkräfte auswirken und die ursprüngliche Begeisterung verfliegt. Deswegen ist es ratsam, ein Team aus fähigen Kräften zusammenzustellen, die sich ausschließlich um die Pflege des Open-Source Ökosystems kümmern.

So können die hier verorteten Fachkräfte ihre Fähigkeiten ausschließlich dafür verwenden, die Open-Source Community zu unterstützen. Davon profitieren am Ende sowohl das Unternehmen als auch die Developer am meisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die übrigen Mitarbeiter nicht an Open-Source-Initiativen beteiligen dürfen, jedoch sind hier die Erwartungen klarer.

Open Source für alle? Ja, aber…

Das Wesen von Open Source beruht auf Zusammenarbeit. Aus diesem Grund sollten Unternehmen, die sich an Open-Source-Lösungen bedienen, auch einen Beitrag zu den Projekten leisten. Nur so kann die Zugänglichkeit und sofortige Einsatzbereitschaft von Open-Source-Lösungen auch zukünftig gewährleistet werden. Dabei sollte die Mitarbeit der Developer so in ihre eigentlichen Aufgaben integriert werden, dass sie nicht plötzlich doppelt so viele Stunden leisten müssen als bisher.

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Verbesserungsvorschläge für Open-Source-Lösungen nehmen viel Zeit in Anspruch, da sie, sobald sie entwickelt sind, von der Gemeinschaft genehmigt werden müssen, bevor sie integriert und veröffentlicht werden können. Dieser Prozess kann manchmal Monate dauern.

Deswegen ist es ratsam, Teams aufzustellen, deren primäre Aufgabe darin besteht, an Open-Source Projekten mitzuarbeiten. Unternehmen verhindern so eine Überlastung, leisten einen Beitrag in der Open-Source Community und profitieren von den vielfältigen Möglichkeiten und Lösungen.

Prävention statt Kuration

Eine europaweite Studie des Unternehmens ADP ergab, dass neun von zehn Angestellten unter Stress leiden, wobei die befragten Deutschen auf Platz zwei liegen. Nur die polnischen Befragten waren nach eigenen Angaben noch gestresster. Eine häufige Ursache: Ein Viertel der gestressten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fühlte sich nicht ausreichend vom Arbeitgeber unterstützt.

Was das für die Entwicklung von Open Source bedeutet? In Unternehmen ist der Personalmangel hierfür oft noch größer als in anderen Bereichen, das Entwicklungstempo aufgrund der vielen Beteiligten dennoch höher als anderswo, die technischen Herausforderungen sind komplexer als in den meisten anderen Branchen, und ein großer Teil der Arbeit an Open Source leisten die Beteiligten noch in der Freizeit. All diese Faktoren führen dazu, dass Developer sich oft ausgebrannt und unmotiviert fühlen, was auch ihre Produktivität beeinträchtigt.

Es ist daher ratsam, wenn Vorgesetzte eines Open-Source-Teams selbst eine Zeit lang an Projekten gearbeitet haben, um ein Gefühl für die Dauer und den Aufwand zu bekommen. Bestenfalls kann die Arbeitsbelastung dann zukünftig geschickt strukturiert und Fristen realistisch gesetzt werden, um einer Überlastung der Mitarbeiter vorzubeugen.

Josep Prat
Josep Prat
(Bild: Aiven.io)

Software-Development-Skills sind heutzutage gefragter denn je. Um ihre vielumworbenen Mitarbeiter nicht an die Konkurrenz zu verlieren, müssen Unternehmen die psychische Gesundheit ihrer Angestellten priorisieren. Ausreichend Zeit zur Erholung sind dabei mindestens genauso wichtig wie ein unterstützendes Umfeld und genügend Zeit an den Projekten zu arbeiten. Es braucht fähige und motivierte Developer und unterstützende Unternehmen. Nur so können schlussendlich alle von den Innovationen der Open-Source Community profitieren.

* Josep Prat ist Engineering Manager bei Aiven, einem Unternehmen für Managed-Cloud-Services. Mit Hauptsitz in Helsinki und Niederlassungen in Berlin, Boston, Paris, Toronto, Sydney und Singapur bietet Aiven verwaltete Open-Source-Datentechnologien wie PostgreSQL, Apache Kafka und OpenSearch in allen wichtigen Clouds an.

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