KI-Offensive von Microsoft im Vorfeld der Ignite-Konferenz Copilot und 22H2-Update für Windows 11 aus Developer-Sicht

Von Dipl. -Ing. Thomas Drilling Lesedauer: 5 min |

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Im Vorfeld der Microsoft Ignite kann man sich KI-Ankündigungen, etwa zu Bing Chat Enterprise, Windows Copilot und M365 Copilot, kaum entziehen. Aber schon das kumulative Update auf Windows 11 22H2 brachte viele neue Funktionen für KI-Entwickler, die es näher zu beleuchten lohnt.

Die GitHub-Integration für Dev Home.
Die GitHub-Integration für Dev Home.
(Bild: Microsoft)

Im Moment fällt es etwas schwer, die verschiedenen Microsoft-Produkte im Bereich Machine Learning (ML) und Künstliche Intelligenz (KI) auseinanderzuhalten. Klammern wir „Azure“ (z. B. „Azure Machine Learning“, „Cognitive Services“, Computer vision“ oder „Speech services“) und „Azure OpenAI“ aus, gibt es laut Microsoft Stand heute folgende kommerzielle SKUs für die Copilot-Produkte.

Microsoft Copilot Product
Microsoft Copilot
Bing Chat Enterprise
Microsoft 365 Copilot
Microsoft Copilot UX Ja
Ja
Ja
Bing Chat (ILM + Web) Ja
Ja
Ja
Commercial Data Protection
Nein
Ja
Ja
Enterprise Security, Privacy, and Compliance
Nein
Nein
Ja
Microsoft 365 Apps
Nein
Nein
Ja
Microsoft 365 Chat
Nein
Nein
Ja

Hier liegt aber die Betonung auf „kommerziell“. Für Bing-Chat-Enterprise wird eine entsprechende, berechtigte M365-Lizenz (Business Standard, Business Premium, E3 oder E5) benötigt, die dem jeweiligen Nutzer zugewiesen sein muss. Die Leistung der KI-Engine ist indes nicht besser als bei Bing Chat (Consumer).

Bing Chat Enterprise bietet allerdings den Vorteil, dass die Nutzung auf das Unternehmen beschränkt bleibt (sicherer Kontext). Das bedeutet einerseits, dass eingegebener Suchanfragen nicht zum Trainieren des öffentlichen Modells verwendet werden und andererseits, dass die KI-Engine explizit Unternehmensdaten, Dokumente und Kontexte mit einbeziehen kann.

Durchblick bei den Copiloten

Selbstverständlich steht es außerdem jedem Nutzer frei „Bing Chat“ (ohne Enterprise) in einem Edge-Browser mit Integration über die Seitenleiste, „Bing-Chat“ in einem anderen Browser oder direkt Chat-CPT 3.5 von Open AI (mit kostenloser Anmeldung) z. B. für Prompt-Engineering zu nutzen. Gerade Entwicklerinnen und Entwickler wissen aber, dass es z. B. mit GitHub Copilot auch noch viele andere Copilot-Produkte im Microsoft-Universum gibt.

Den Auftakt bildete der GitHub Copilot im Zuge der Übernahme von GitHub durch Microsoft, insbesondere wenn es um die AI-Unterstützung beim Coding geht. Mittlerweile verhält es sich so, dass der Begriff „Copilot“ quasi als übergreifender Name für die jeweilige AI-Implementierung eines MS-Produktes steht, darunter z. B. M365 Copilot, Dynamics Copilot oder auch Power Platform Copilot.

Der Windows Copilot wurde übrigens relativ überraschend am 21. September auf dem AI Event in New York für die aktuelle Windows-11-Version angekündigt, in der der Copilot seit dem 26. September 2023 im Form des regulären kumulativen Updates für 22H2 (Version 5030310) verfügbar ist – und nicht etwa, wie man vielleicht vermuten würde, erst für die Version 23H2, die vermutlich im November erscheinen wird, genau wie der für November angekündigte Microsoft 365 Copilot.

Der Windows Copilot steckt bereits im aktuellen kumulativen Windows-11-Update.
Der Windows Copilot steckt bereits im aktuellen kumulativen Windows-11-Update.
(Bild: Drilling / Microsoft)

User, die den Windows Copilot ausprobieren möchten, müssen also nur das verfügbare kumulative Update installieren, welche es nicht nur in puncto KI in sich hat, sondern mit fast 150 neuen Funktionen auch so viele weitere neue Windows-Features mitbringt wie selten ein kumulatives Update.

Bing-Chat-Plug-in in Windows

Aus Developer-Sicht ist nicht nur das Bing-Chat-Plug-in für Windows interessant. Dieses liefert der Chat-Engine eine Schnittstelle ins Betriebssystem. Während Bing Chat nur mit Daten aus dem Internet arbeiten kann und Bing Chat Enterprise Unternehmensdaten einbezieht, erlaubt die Windows-Erweiterung Entwicklern beispielsweise, ihre Apps in Windows Copilot zu integrieren.

Das Bing-Chat-Plug-in ermöglicht Entwicklern aber auch, ihre Anwendungen in Windows Copilot zu integrieren. Mit den Bing- und ChatGPT-Plug-ins in Windows Copilot können also nicht nur Anwender Zugriff auf erweiterte KI-Funktionen erhalten, Entwickler kommen dadurch auch in den Genuss neuer Möglichkeiten, ihren Kunden besseren, KI-gestützte Services anzubieten.

Hybrid Loop

Ferner ermöglicht das neue Hybrid Loop (im Gegensatz zu Loop), die KI-Entwicklung plattformübergreifend zu gestalten – von Azure bis zum Client einschließlich entsprechender Chip-Unterstützung von AMD, Intel, Nvidia und Qualcomm. Angekündigt wurde Hybrid Loop im vergangenen Jahr auf der Microsoft Build als ein neues Entwicklungsmodell, das hybride KI-Szenarien über Azure und Client-Geräte hinweg ermöglicht.

Mit Windows 11 und der ONNX Runtime als Tor zu Windows AI sowie OLive, einer von Microsoft entwickelten Toolchain, die Entwickler bei der Optimierung von Programmen für verschiedene Geräte unterstützt, wird Hybrid Loop nun real. Mithilfe der ONNX Runtime erhalten Third-Party Developer einen Zugang zu den gleichen Tools, die Microsoft auch intern nutzt, um KI-Modelle auf Windows oder anderen Geräten mit CPU, GPU, NPU oder Hybrid via Azure auszuführen.

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Dev Home

Dev-Home als zentrale Schaltstelle für Entwickler in Windows.
Dev-Home als zentrale Schaltstelle für Entwickler in Windows.
(Bild: Microsoft)

Mit Dev Home und Dev Drive stellt Microsoft darüber hinaus zwei neue Werkzeuge für Entwickler und Entwicklerinnen vor, die beim Erstellen und Verwalten von Projekten unterstützen sollen. Bei Dev Home handelt es sich um ein neues Kontrollzentrum für Windows.

Dev Home erlaubt es Entwicklern an einer zentralen Stelle, ihre Projekte in ihrem Dashboard mithilfe anpassbarer Widgets zu überwachen, ihre Entwicklungsumgebung einzurichten, durch das zentral orchestrierte Herunterladen von Apps, Paketen oder Repositories oder eine Verbindung mit Developer-Konten und -Werkzeugen wie z. B. GitHub herzustellen.

Die GitHub-Integration für Dev Home.
Die GitHub-Integration für Dev Home.
(Bild: Microsoft)

Ferner können Developer ein Dev-Drive-Laufwerk als Speicher erstellen. Dabei ist Dev Home z. B. in der Lage, die Entwicklungsumgebung in der Cloud wie z. B. Microsoft Dev Box und GitHub Codespaces zu konfigurieren. Die GitHub-Erweiterung für Dev Home ist als Vorschau im Microsoft Store verfügbar. Dev Drive lässt sich im Verlauf des Dev-Home-Setup-Prozesses einfach einrichten und eignet sich für das Hosten des Quellcodes von Projekten, Arbeitsordnern und Paket-Caches.

Summa summarum besteht Dev Home aus vier verschiedenen Komponenten:

  • 1. Das zentrale Dashboard mit anpassbaren Widgets erlaubt das Überwachen nicht nur Workflows, sondern auch von Entwicklungsprojekte, Programmieraufgaben, GitHub-Probleme, Pull Requests, verfügbare SSH-Verbindungen oder der Systemleistung von CPU, GPU, Arbeitsspeicher und Netzwerk.
  • 2. Das Werkzeug „Computerkonfiguration“ dient dem Einrichten Ihrer Entwicklungsumgebung auf einem neuen Gerät oder der Integration eines neues Entwicklungsprojektes.
  • 3. Die Dev Home-Erweiterungen ermöglichen das Anflanschen von Widgets, die z. B. entwicklerspezifische Informationen anzeigen. Entwickler können auch benutzerdefinierte Erweiterungen erstellen und freigeben.
  • 4. Mit dem Erstellen eines Dev Drive-Laufwerks, lassen sich Projektdateien und Git-Repositories speichern.

Neue AI-Apps und Features im Microsoft Store

Eine ganze Reihe neuer Funktionen und Möglichkeiten finden sich auch im Microsoft Store für Windows, weitere neue KI-basierte Funktionen sind in Planung. Dazu gehört z. B. der Microsoft Store AI Hub. Mit diesem möchte Microsoft in naher Zukunft einen speziellen Bereich im Microsoft Store für Windows einführen, welcher die besten KI-Erfahrungen der Developer-Community und von Microsoft zusammenführt. Darüber hinaus verbessert Microsoft die Suche nach App-Rezensionen durch Nutzung von KI.

Das Auffinden von Apps soll mit Hilfe von KI ebenfalls optimiert werden. Dazu führt Microsoft ein neues Werkzeug „KI-generated Keywords“ im Partner Center ein, das KI verwendet, um Suchbegriffe für Apps zu generieren und vorzuschlagen. Schließlich will Microsoft Nutzer bei einem Gerätewechsel besser unterstützen und verbessert dazu das Sichern und Wiederherstellen von Apps mit Hilfe von KI. Diese Funktion ist noch Vorschau, steht aber bereits im Windows-Insider-Kanal zur Verfügung.

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