Aufbau eines Wissenspools, Teil 1 Knowledge-Basis für verteilte Teams

Autor / Redakteur: Christian Rentrop / Stephan Augsten

Remote-Teams bieten bei der Softwareentwicklung zahlreiche Vorteile. Allerdings ist die Verwaltung und Verteilung von Aufträgen und Wissen nicht selten ein logistischer Albtraum. Mit einem Wissenspool können Sie neue Mitarbeiter schneller einweisen und im laufenden Betrieb effektiv Informationen verteilen.

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Eine zentrale, verwaltete Wissensbasis im Wiki-Stil ist für verteilte Teams eine durchaus sinnvolle Lösung.
Eine zentrale, verwaltete Wissensbasis im Wiki-Stil ist für verteilte Teams eine durchaus sinnvolle Lösung.
(Bild: geralt - Pixabay.com / CC0 )

Die Arbeit mit verteilten Teams kann eine wunderbare Erfahrung sein: Durch den den Zugriff auf Mitarbeiter auf der ganzen Welt und den damit verbundenen Diversity-Gedanken samt interkulturellem Brainstorming arbeiten viele verteilte Teams oft sehr effizient – und kostengünstig. Sobald es allerdings darum geht, Wissen zu verteilen oder zu sammeln, wird es knifflig.

Nicht selten werden Anweisungen, Absprachen und Dokumentationen per Mail, Messenger oder sogar fernmündlich zwischen Mitarbeitern ausgetauscht, während gleichzeitig eine zentrale Anlaufstelle für Informationen fehlt. Das Resultat: Informationen, Dokumente und Dateien müssen oft doppelt und dreifach ausgetauscht werden. Das raubt dem Team unnötig Kapazitäten, etwa dann, wenn Sachverhalte oder Vorgehensweisen wieder und wieder über die üblichen Kommunikationswege geklärt werden müssen.

Der „kleine Dienstweg“ in Form des Über-die-Schulter-gucken bei einem Kollegen ist schließlich in Remote-Teams nicht möglich. Geht ein Mitarbeiter, nimmt er womöglich ohne bösen Willen wichtige Informationen mit. Und kommt ein neuer Mitarbeiter dazu, geht die ganze Problematik von vorne los – ein logistischer Albtraum!

Ein zentraler Wissenspool kann helfen

Doch was tun gegen dieses Problem? Helfen kann ein zentraler Wissenspool, auf den alle Mitarbeiter des Teams zugreifen können und dessen Hauptziel es ist, schnell Fragen zu beantworten, die sonst eines gewissen Aufwands bedürften. Das steigert die Produktivität und damit auch die Effizienz – sowohl in zeitlicher Hinsicht, als auch mit Blick auf die Kosten. Doch wie lässt sich eine solche Knowledge-Base einrichten?

Fest steht: Sie benötigt natürlich zusätzlichen Pflegeaufwand, entweder durch die Mitarbeiter selbst oder einen Beauftragten, der sich um den Wissenspool kümmert. Dieser zusätzliche Aufwand ist allerdings deutlich geringer als die Reibungsverluste, die ohne Wissenspool in verteilten Teams entstehen können.

Die Basis: Ein Wiki-System

Die wohl einfachste Form der Knowledge-Base ist ein Wiki-System, das teamintern – etwa auf einem Webserver oder im NAS (Network Attached Storage) – eingerichtet wird. Wikis haben den Vorteil, dass Nutzer hier direkt Informationen bereitstellen können. Andere User können diese gegebenenfalls kommentieren, ergänzen oder aktualisieren.

Die wohl bekannteste Form des Wikis ist die Wikipedia, die ja im Grunde auch nichts anderes als eine gigantische frei verfügbare Knowledge-Base für Allgemeinwissen darstellt. Entsprechende Systeme gibt es in zahlreichen Varianten, die größtenteils als kostenlose Opensource-Software verfügbar sind. Der Einrichtungsaufwand ist gering, der Nutzen gegebenenfalls riesig.

Eines der besten Wiki-Systeme dürfte dabei das bewährte Wikipedia-Basissystem Mediawiki sein: Die technischen Anforderungen und der administrative Aufwand sind gering, die Bedienung ist schlüssig, und es ist absolut frei skalierbar. Zudem besitzt es eine leistungsstarke Suchfunktion.

Für den Betrieb einer Knowledge-Base innerhalb eines Teams reicht im Zweifel ein kleiner Computer mit Apache-Webserver oder sogar eine virtuelle Maschine. Alternativ können auch Full-Service-Anbieter wie Blue Spice für Wikimedia oder proprietäre Komplettlösungen wie Zendesk genutzt werden.

Wer pflegt die Inhalte?

Ist das Wiki erst einmal eingerichtet, können Team-Mitglieder hier wichtige Informationen einpflegen. Vorab sollte man sich allerdings überlegen, wer überhaupt Schreibzugriff erhält – und ob es nicht gegebenenfalls sinnvoll ist, Compliance-Überlegungen für die Vorgehensweise bei der Informationssammlung und -pflege anzustellen.

Es kann für möglichst effektives Wissensmanagement sinnvoll sein, Informationen bei einem „Wiki-Beauftragten“ innerhalb des Teams zusammenlaufen zu lassen. Dieser definiert als Taxonom Schlüsselworte, Begrifflichkeiten und Suchbegriffe. Außerdem sollte eines oder mehrere Teammitglieder als Editoren und Reviewer eingesetzt werden, die letztlich die Wissensdatenbank-Artikel und -Anleitungen schreiben, einpflegen und überprüfen, vergleichbar mit den Abläufen in einer Redaktion.

Andere Mitarbeiter erhalten in diesem Fall nur Lesezugriff, was ein Ausufern der Informationen im Wiki verhindert und das Qualitätsniveau der Informationen erhöht. Gleichzeitig gibt es einen festen Ansprechpartner, falls doch einmal etwas aus dem Ruder läuft. Nachfragen oder Ergänzungen können über die Kommentarfunktion angeboten werden, gleichzeitig können Mitarbeiter hier Nachfragen stellen und sich gegebenenfalls helfen lassen. Auf diese Weise laufen nach und nach wichtige Informationen an zentraler Stelle zusammen, die Teammitglieder sich selbstständig erarbeiten können.

Die Alternative: Foren-Systeme für Wissensmanagement und Teambonding

Wichtig bei jeder Wissensmanagement-Lösung ist, dass Rechte und Aufgaben einheitlich verteilt und auch nachgehalten werden. Für kleinere Teams ist das in vielen Fällen relativ aufwändig, wodurch sich hier eine Alternative zum Wissenspool via Wiki oder Knowledge-Base-System anbietet: Ein simples internes Foren-System, in dem sich die Mitarbeiter bei Fragen untereinander austauschen können, ohne dass dabei Informationen verloren gehen.

Gleichzeitig erlauben solche Foren das Festhalten und „pinnen“ wichtiger Informationen oberhalb des normalen Diskussions-Streams, wodurch wichtige Inhalte sofort und ohne Suche eingesehen werden können. Forensysteme können gleichzeitig auch als Teambonding-Maßnahme verwendet werden, um den Austausch zwischen den Mitgliedern des verteilten Teams zu verbessern.

Foren neigen zum Ausufern

Forensysteme dieser Art, etwa phpBB können ähnlich wie Mediawiki kostenlos bezogen und auf jedem Apache-System installiert werden. Allerdings kann der Pflegeaufwand hier schnell ausufern, da hier konzeptbedingt jeder Anwender natürlich auch die Möglichkeit hat, Informationen abzugeben.

Kleinteilige Diskussionen über Banalitäten, die sich in lokalen Teams normalerweise bei Mikro-Besprechungen oder am Mittagstisch zwischen Mitarbeitern abspielen, verursachen in einem Remote-Team mit Forum schnell das Gegenteil des gewünschten Effekts: Wichtige Informationen gehen unter oder Teammitglieder können dadurch dem „nervigen“ Forum wieder fernbleiben und dazu neigen, Wissensaustausch wieder auf anderen Kanälen durchzuführen. Von daher ist es notwendig, einen oder mehrere „Forums-Beauftragte“ zu benennen, um gegebenenfalls Inhalte zu filtern, wichtige Informationen zu sammeln und auf diese Weise für Ordnung zu sorgen.

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