Personal richtig auswählen und langfristig halten IT-Fachkräftemangel – auf diese Maßnahmen kommt es an

Ein Gastbeitrag von Anna Richardson * Lesedauer: 5 min

Der Mangel an IT-Fachleuten stellt Unternehmen, die auf die Expertise von Softwareentwicklern und -entwicklerinnen angewiesen sind, vor Herausforderungen. Diese beginnen bereits während des Einstellungsverfahrens und hören in der Einarbeitungsphase lange nicht auf. Im Folgenden ein Leitfaden, wie Unternehmen dem Fachkräftemangel in der IT-Branche entgegentreten können.

Bereits bei der Rekrutierung sollte man sich auf Kandidaten konzentrieren, die möglicherweise langfristig im Unternehmen bleiben und einen großen Mehrwert kreieren.
Bereits bei der Rekrutierung sollte man sich auf Kandidaten konzentrieren, die möglicherweise langfristig im Unternehmen bleiben und einen großen Mehrwert kreieren.
(Bild: VIN JD / Pixabay)

Der Fachkräftemangel erreicht in Deutschland einen neuen Höchststand. Eine Bitkom-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es in Deutschland branchenweit an 137.000 IT-Expertinnen und -Experten mangelt. Somit ist der IT-Fachkräftemangel, der Unternehmen bereits im Vorjahr der Corona-Pandemie zu schaffen gemacht hat, um weitere zehn Prozent gestiegen.

Nachhaltigkeit im Einstellungsverfahren

Eine nachhaltige Personalstrategie ist in Zeiten des Fachkräftemangels unentbehrlich. Zwar stehen Unternehmen unter dem Druck, den Mangel an Arbeitskräften so schnell wie möglich zu decken, dennoch darf ein nachhaltiges Personalwachstum nicht zu kurz kommen. Nachhaltigkeit bedeutet dabei, dass Mitarbeitenden möglichst über einen langen Zeitraum produktiv und zufrieden für eine Organisation arbeiten und einen möglichst großen Mehrwert kreieren.

Um die Bedingungen hierfür zu verbessern, muss der Einstellungsprozess strategisch erfolgen, und nicht mit dem Gießkannenprinzip. Dabei wird unter anderem überprüft, ob die Ziele und Werte neuer Mitarbeitenden mit den Zielen und Werten des Unternehmens übereinstimmen. Auch wird in diesem Prozess sichergestellt, dass die neuen Mitarbeitenden über Kompetenzen und Fähigkeiten für die zu besetzenden Positionen verfügen.

Bei jeder Besetzung maximiert die Organisation auf diesem Wege die Wahrscheinlichkeit, die „richtige“ Fachkraft auszuwählen. Dies verlangt eine enge Zusammenarbeit zwischen HR, der Geschäftsleitung, Entscheidungsträgern und Transparenz gegenüber potenziellen Angestellten. Denn neue Talente wollen nicht nur gewonnen, sondern auch integriert und langfristig unterstützt werden.

Kultur und Werte

Starke Werte bilden das Gerüst für jede Unternehmenskultur. Eine Personalstrategie, die die Meinungen aller oder mehrerer Mitarbeiterebenen im Entscheidungsprozess berücksichtigt, stellt sicher, dass die Teamchemie zwischen zukünftigen Kolleginnen und Kollegen stimmt, neues Personal die Werte des Unternehmens teilt und sich dementsprechend mit der Unternehmenskultur identifiziert. Es gilt also, die Schnittmenge zwischen einer gemeinsamen Unternehmenskultur, die eine Brücke zwischen Mitarbeitern und Unternehmen baut, und den individuellen Bedürfnissen jedes Einzelnen gerecht zu identifizieren.

Besonders während der Corona-Pandemie wurden Remote Work und Flexibilität großgeschrieben. Dies hat die Unternehmenskultur vielerorts nachhaltig verändert. Die meisten Fachkräfte sind heutzutage auf der Suche nach Unternehmen, die ihnen unabhängiges und räumlich wie zeitlich flexibles Arbeiten ermöglichen. Doch auch Weiterbildungschancen machen ein Unternehmen attraktiver und sind in der aktuell herausfordernden makroökonomischen Lage ein wichtiges Puzzlestück.

IT-Fachkräfte suchen ganz grundsätzlich vermehrt nach Arbeitgebern, die ihnen Vertrauen entgegenbringen, Ressourcen in ihre individuelle Weiterentwicklung investieren und ihnen den nötigen Freiraum für selbstständiges Arbeiten gewähren. Durch den Einsatz von Mentoren und ausreichendes Bildungsbudget können Unternehmen sicherstellen, dass Mitarbeitende nicht nur ihren aktuellen Positionen gerecht werden, sondern auch langfristig mit dem Unternehmen wachsen können – und die eigene Kultur und die eigenen Werte durch das Feedback und die Bedürfnisse der einzelnen Menschen weiterentwickeln.

Open Source öffnet Türen

Unabhängig ihres Aufgabenbereiches möchten viele Entwickler und Entwicklerinnen einen Mehrwert leisten. Damit dies gelingen kann, müssen Organisationen einerseits ihre Mission klar und transparent kommunizieren; andererseits müssen Rahmenbedingungen entstehen, die es den Einzelnen ermöglichen, zum Erreichen der übergeordneten Unternehmensziele beizutragen.

Damit ihnen das gelingen kann, ist es für Developer unentbehrlich, am „Zahn der Zeit“ zu bleiben. Die Bereitstellung eines aktuellen Tech-Stacks ist nicht nur ein starker „Selling Point“ in Einstellungsverfahren der Tech-Branche, sondern erhöht auch die Leistungsfähigkeit in Open Source. Denn die IT-Welt steht nie still. Ob IoT, AI oder Open Source – wer wirklich Mehrwert generieren möchte, braucht dafür innovative Lösungen und Tools.

Gerade Open Source kristallisiert sich dabei als das bindende Glied heraus, durch das echte Innovationen entstehen. Eine Open-Source-Strategie eignet sich daher auch als Motivator für jeden Einzelnen, da sich neue Lösungen effektiver und in Zusammenarbeit mit anderen voranbringen lassen. Wichtig ist dabei, In-House die eigenen IT-Teams nicht mit administrativen Aufgaben zu überfordern. Ansonsten fehlt ihnen schlichtweg die Zeit, kreativ bestehende Lösungen weiterzudenken und zu entwickeln.

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Zusätzlich bietet die Aufstellung sogenannter Developer Experience Teams Unternehmen die Möglichkeit, Entwicklerinnen und Entwickler um administrative Aufgaben zu entlasten. Diese Teams sind mit der Instandhaltung und Problemlösung von neuen Tools vertraut, kümmern sich um das Finanzielle und aktualisieren den Tech Stack regelmäßig.

In Sachen Open Source dürfen Organisationen wiederum nicht auf halber Strecke kehrt machen. Ein Maximum an Freiheit und ausreichend Zeit sind Voraussetzung dafür, dass Developer nicht nach ihrer eigentlichen Arbeitszeit noch „on-top“ in der Open-Source-Community helfen müssen. Mithilfe spezieller Programme können Mitarbeitende für Zeit belohnt werden, die sie zusätzlich in quelloffene Projekte investieren.

Mensch ist nicht Maschine

Um Mitarbeiter nicht nur zu gewinnen, sondern auch langfristig zu halten, müssen Unternehmen die Zufriedenheit, Anforderungen, Bedürfnisse und mentale Gesundheit ihrer Entwickler priorisieren. Denn es gilt die Faustformel: Nur glückliche Mitarbeiter sind produktive Mitarbeiter. Und vor allem sparen Unternehmen, wenn sie ihre Mitarbeitenden langfristig binden, enorme Ressourcen im Besetzungsprozess und Wissenstransfer.

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, daran zu denken, bestehende Mitarbeitende nicht zu überlasten. Um frühzeitig aufkommenden Sorgen entgegenzuwirken, sollten Organisationen für Offenheit sorgen. Dafür eignet sich beispielsweise eine sogenannte „Whistleblower Hotline“. Solche Kanäle gestalten die interne Kommunikation eines Unternehmens transparenter und verschaffen jedem einzelnen Gehör.

Anna Richardson
Anna Richardson
(Bild: Aiven)

Regelmäßige informelle Check-ins und Feedback-Gespräche mit Entwickler-Teams können darüber hinaus die Kommunikation verbessern und die Problemerkennung optimieren. Zusätzlich müssen Deadlines realistisch gesetzt werden, damit Fachkräfte sich nicht überfordert fühlen. Dabei ist es sinnvoll, sich eher auf langfristige Ziele denn auf schnelle Gewinne zu konzentrieren.

* Anna Richardson ist Vice President of Human Resources bei Aiven. Sie bezeichnet sich selbst als versierte Generalistin im Bereich Human Resources und verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Verwaltung des gesamten Spektrums von HR-Programmen. Anna hat auf globaler Ebene Erfahrungen in einer Vielzahl von Branchen gesammelt, u. a. in Technologie, gemeinnützigen Organisationen, in der Medien- und Reisebranche, im Bau- und Ingenieurwesen, im Gesundheitswesen und im öffentlichen Sektor in Ländern wie Deutschland, Tansania, Australien und England.

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