Die Weiterentwicklung des Internet of Things, Teil 2 Internet of Behaviors – eine Frage der Ethik
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Das Internet of Behaviors bietet inhaltliche Chancen und Geschäftsoptionen. Allerdings ist es bei aller Begeisterung wichtig, bei der Entwicklung entsprechender Anwendungen und der zugehörigen Datensammlung die Ethik und den Datenschutz im Auge zu behalten.

Wie wäre es, wenn man alles über den User wüsste, um ihm das Leben zu erleichtern – und gleichzeitig neue Geschäftsmodelle zu erschließen? Möglich macht das das Internet of Behaviors, das auf dem Internet of Things basiert. Durch die zunehmende Vernetzung smarter Geräte untereinander können enorme Datenmengen über das Nutzerverhalten gesammelt werden, die – richtig analysiert und verwaltet – dabei helfen, dem Anwender das bestmögliche Nutzererlebnis in Software zu ermöglichen.
Möglich wird das durch das Abschätzen des nächsten Schritts des Benutzers in Interaktion mit seinen smarten Geräten – und das Anbieten entsprechender Optionen. Dadurch erschließt sich automatisch ein riesiges Feld an Geschäftsmöglichkeiten, gleichzeitig birgt diese Technologie aber auch das Risiko, ethische Grenzen zu verletzen und den Datenschutz zu missachten. Entwickler und Unternehmen, die entsprechende Lösungen anbieten, müssen diese Aspekte dringend im Hinterkopf behalten.
Ist Datensammlung Überwachung?
Die meisten Anwender merken vermutlich gar nicht, dass ihre smarten Geräte und Fahrzeuge zur Datensammlung und -analyse im Internet of Behaviors beitragen – und interessieren sich naturgemäß wenig dafür, solange alles rund läuft: Datenschutzhinweise werden weggeklickt, Datenschutzerklärungen nicht gelesen.
Damit haben Unternehmen, die hilfreiche Lösungen für den Endverbraucher anbieten, gleichzeitig aber enorme Datensammlungen anlegen, grundsätzlich einen Vorteil: Die Verbreitung von Smart-Speakern, Smart-Watches und ähnlichen Geräten zur Nutzerüberwachung, aber auch Social Networks, Google-Diensten, Fitness-Apps und vergleichbaren Anwendungen belegt, dass sich Nutzer wenig um Datensammlungen scheren, solange sie im Alltag von Nutzen sind.
Der Spieß kann sich aber bei der geringsten Datenpanne umdrehen: Die Datensammlung wird dann als Überwachung wahrgenommen, Presseberichte können folgen, mit möglicherweise erheblichem Schaden für den Ruf des Unternehmens. Zu kommunizieren, dass Datensammlung noch keine Überwachung ist, wird in einem solchen Fall schwierig. Pannen dürfen also nicht passieren.
Datenschutz ist klar geregelt
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist eine Datensammlung zunächst einmal legitim, gerade wenn eine Software oder App kostenlos angeboten wird. Der Anwender gibt seine Daten, erhält dafür aber auch ein nützliches Tool, Gerät oder eine App. So funktioniert das Web 2.0 seit seinen Anfängen Mitte der 2000er Jahre.
Die wilden Goldgräberzeiten sind allerdings vorbei. In der Europäischen Union regelt die Datenschutz-Grundverordnung den Umgang mit diesen Daten, auch in anderen Ländern nehmen vergleichbare Regelungen zu. Für das einzelne Unternehmen ist das allerdings nur insofern relevant, dass der User der Datensammlung zustimmen muss, sie jederzeit beenden kann und Kenntnis darüber erhalten kann, wo und wofür die Daten verwendet werden.
Unternehmen wiederum müssen dafür sorgen, dass diese Daten sicher gelagert und nicht unnötig zusammengeführt werden. Die DSGVO ist hier eine gute Grundlage für das Datenschutzverhältnis zwischen Nutzer und Unternehmen – das gilt natürlich auch für alle Aspekte des Internet of Behaviors.
Benutzerführung im Internet of Behaviors
Problematisch wird das Internet of Behaviors immer dann, wenn Unternehmen den Datenschutz nicht einhalten oder die gesammelten Daten innerhalb der Bestimmungen der Datenschutz-Gesetzgebung so verwenden, dass der User sich gegängelt oder bespitzelt fühlt. Auch wenn keine Verletzung von Datenschutzgesetzen vorliegt, kann das Anwender regelrecht gruseln.
Schlägt zum Beispiel eine Karten-App dem Nutzer aufgrund der Uhrzeit, des Wochentags und der Fahrt-Historie eine Route zu einem Ziel vorschlägt, ohne dass der Anwender danach gefragt hat, vermittelt das ein Gefühl der Überwachung. Da spielt es keine Rolle mehr, ob das Feature für den einen Anwender möglicherweise hilfreich ist.
Die erhobenen und verwalteten Daten sollten also innerhalb des Ökosystems äußerst subtil verwendet werden, eine entsprechende Benutzerführung inklusive. Auch sollten Optionen, um entsprechende Automatiken zu deaktivieren, nicht tief im System oder der App versteckt werden. Dieser schmale Grat lässt sich vor allem durch eine sinnvolle Benutzerführung umschiffen, die den User weder offensiv mit dem Routenvorschlag belästigt noch ihn völlig allein lässt.
Achtung, Datenmissbrauch!
In Unternehmen, die Gratis-Apps, kostenlose Services und vergünstigte Hardware anbieten, um eine große Menge an Nutzern zu erreichen und dadurch ihre IoB-Systeme bestmöglich für den eigentlichen Dienst zu füttern, haben natürlich immer das Problem, dass Daten auch missbraucht werden können.
Nicht alle Daten, die erhoben werden, sollten daher in die Vorhersage des Nutzerverhaltens einfließen. Sehr private Dinge, die im Alltag nebenher anfallen, können zwar den Datensätzen für die Vorhersage des Nutzerverhaltens hinzugefügt werden, sollten aber keines offensiv verwendet werden. Gleiches gilt für Daten, die keinen direkten Nutzen für den Anwender haben.
Gezielt individuell an den Kunden ausgespielte Werbung kann einerseits nützlich sein, andererseits aber auch unethisch, gruselig, übergriffig oder peinlich:. Wer beispielsweise nach Feierabend bei einem Erotikversender bestellt, möchte wahrscheinlich keine entsprechendes Nudging oder Werbespots in diese Richtung erhalten. Kurzum: Geht die Personalisierung zu weit, kann das als Datenmissbrauch empfunden werden. Entsprechend fein austarierte Filtersysteme sind also Pflicht!
Datenklau muss auf jeden Fall unterbunden werden
Natürlich ist schlussendlich auch wichtig, dass Datensammlungen gegen Datendiebstahl und den daraus folgenden Missbrauch abgesichert werden. Wer also in seinem Unternehmen plant, IoB-Technologie einzusetzen, muss gleichzeitig dafür sorgen, dass die erhobenen Daten unter keinen Umständen das Unternehmen verlassen.
Der Nutzer oder Kunde gibt Entwicklern und Unternehmen seine Daten, weil er dem daraus resultierenden Service vertraut – wird dieses Vertrauensverhältnis gestört, ist der Schaden auf beiden Seiten groß. Von daher müssen die Daten unter allen Umständen gegen Diebstahl und missbräuchliche Verwendung gesichert werden.
Gleichzeitig ist eine Anonymisierung beim Austausch mit Dritten essenziell. Ein entsprechender Schutz sorgt, zusammen mit den anderen Aspekten, für einen verantwortlichen und nachhaltigen Einsatz des Internet of Behaviors – und nutzt sowohl dem Anwender, als auch dem Unternehmen.
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