Open-Source-Giganten schließen sich zusammen IBM übernimmt Red Hat für 34 Milliarden US-Dollar

Redakteur: Sebastian Gerstl |

Für insgesamt 34 Milliarden US-$ hat IBM den Open-Source- und Linux-Spezialisten Red Hat übernommen. Die Kartellbehörden der EU und der USA haben der Akquise grünes Licht erteilt. Es handelt sich um die drittgrößte Firmenübernahme in Geschichte der amerikanischen IT-Industrie.

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Ginni Rometty, Chairman, President und CEO von IBM (rechts) und James M. Whitehurst, CEO von Red Hat (links). IBM hat angekündigt, alle ausgegebenen und ausstehenden Stammaktien von Red Hat für 190,00 $ pro Aktie in bar zu übernehmen. Das ergibt einen Gesamtunternehmenswert von etwa 34 Milliarden US-$ entspricht.
Ginni Rometty, Chairman, President und CEO von IBM (rechts) und James M. Whitehurst, CEO von Red Hat (links). IBM hat angekündigt, alle ausgegebenen und ausstehenden Stammaktien von Red Hat für 190,00 $ pro Aktie in bar zu übernehmen. Das ergibt einen Gesamtunternehmenswert von etwa 34 Milliarden US-$ entspricht.
(Bild: IBM)

Der IT-Branchenriese IBM hatte bereits im Oktober 2018 die Übernahme des Softwareunternehmens Red Hat angekündigt. IBM bot demnach 190 US-Dollar je Aktie in bar und bewertet Red Hat so mit 34 Milliarden US-Dollar. Red Hat hat sich als Open-Source-Spezialist einen Namen gemacht. Auf der Basis des freien Betriebssystems Linux bietet Red Hat kommerzielle Dienstleistungen an.

Bereits im Mai 2019 hatte das US-Justizministerium grünes Licht für die geplante Übernahme erteilt. Ende Juni machte schließlich auch die Marktaufsichtsbehörde den weg für die drittgrößte Firmenübernahme eines IT-Unternehmens frei.

Ein Wettrennen speziell ums Cloud-Geschäft

IBM-Chefin Ginni Rometty will den IT-Dino zukunftssicher machen, indem sie wenig profitable alte Geschäftsbereiche schrumpft und dafür stärker auf Künstliche Intelligenz und Cloud-Dienste setzt. Der Umbau ließ den Umsatz sechs Jahre lang sinken. Romettys Sanierungskurs schien Früchte zu tragen, weil IBM drei Quartale in Folge mit Wachstum schaffte. Doch zuletzt gab es wieder ein Vierteljahr mit sinkenden Erlösen, das setzte auch die Aktie unter Druck.

Mit dem Kauf von Red Hat könnte IBM auf einen Schlag wichtiger im Cloud-Geschäft werden. Alle rund 12600 Mitarbeiter von Red Hat sollen übernommen werden, sagte Rometty dem „Wall Stree Journal“. Im Cloud-Markt gehören unter anderem Microsoft, Google und Amazon zu den Konkurrenten. Microsoft kaufte jüngst die von vielen Linux-Programmierern genutzte Entwicklerplattform GitHub.

Die Übernahme habe das Potenzial, die Landschaft im Cloud-Geschäft zu verändern, versicherte Rometty. „IBM wird der weltweite Hybrid-Cloud-Anbieter Nummer eins.“ Bei Cloud-Angeboten kommen Software und Dienste direkt aus dem Internet. Unter Hybrid-Cloud versteht man einen gemischten Betrieb von Cloud-Anwendungen und selbst betriebenen Servern. Im Cloudsector konkurriert IBM nicht nur mit etablierten IT-Größen wie Microsoft, sondern insbesondere auch mit Amazon und seinen Webservices Amazon AWS.

Für den Open-Source-Spezialisten greift IBM tief in die Tasche

In der Geschichte der US-amerikanischen IT-Industrie waren nur zwei Deals noch größer als die nun angekündigte Übernahme von Red Hat: 2016 fusionierten für 67 Milliarden Dollar der Computerhersteller Dell und der Speicherspezialist EMC. Im Jahr 2000, kurz vor dem Platzen der Dot-Com-Blase, schluckte das Netzwerkunternehmen JDS Uniphase für 41 Milliarden Dollar den Spezialisten für optische Bauteile SDL. Der Milliardendeal ist damit auch die bisher größte Akquisition, die IBM je getätigt hat.

Mit 190 Dollar je Aktie bietet IBM einen satten Aufschlag von gut 60 Prozent auf den Schlusskurs von Red Hat von Freitag. Der Preis von 34 Milliarden Dollar schließt auch Schulden von Red Hat ein, IBM will dafür neben seinen Geldreserven auch auf Kredite zurückgreifen. Mit dem Abschluss des Deals rechnen die Unternehmen im zweiten Halbjahr 2019.

Red Hat startet vor 25 Jahren mit einer eigenen Variante des Open-Source-Betriebssystems Linux, die vor allem auf Servercomputern verwendet wird. Heute erzielt das Unternehmen seinen Umsatz vor allem mit seinem Softwarepakt und Serviceangebot Red Hat Enterprise Linux sowie anderen Technologien, die häufig in Rechenzentren eingesetzt werden. Das Unternehmen, das 1999 auf dem Höhepunkt des Dotcom-Booms an die Börse ging, verdiente im letzten Geschäftsjahr 259 Millionen Dollar bei einem Umsatz von 2,92 Milliarden Dollar. Der Umsatz wuchs zwischen den Geschäftsjahren 2017 und 2018 um 21 Prozent. Mit dem Börsengang von Red Hat 1999 wurde auch Linux-Erfinder Linus Torvalds zum Millionär, da ihm Red-Hat-Gründer Marc Ewing aus Dankbarkeit Aktienoptionen zugesprochen hatte.

IBM übernimmt Red Hat: Fragen und Antworten

Arvind Krishna, Senior Vice President, IBM Hybrid Cloud.
Arvind Krishna, Senior Vice President, IBM Hybrid Cloud.
(Bild: IBM)

Die über 30 Milliarden US-$ schwere Übernahme des Open-Source-Spezialisten Red Hat durch IBM wird sich signifikant auf den Markt auswirken – nicht nur bezüglich des von Red Hat stammenden Derivats seines Linux-Betriebssystems, sondern speziell auch mit dem Blick auf Cloud Computing. Arvind Krishna, Senior Vice President des IBM Hybrid Cloud Geschäfts, hat einige Statements zu den angekündigten Übernahmeplänen geliefert.

Warum Red Hat und warum jetzt?

Arvind Krishna: Es ist wichtig zu verstehen, wo sich unsere Kunden auf ihrer Cloud-Reise befinden. Alle von ihnen sind in Wolken gehüllt. In der Tat, die meisten von ihnen laufen mehrere Clouds. Aber sie sind nur etwa 20% auf ihrer Cloud-Reise. Sie sind begierig darauf, ihre Geschäftsanwendungen in die Cloud zu verlagern, das nächste Kapitel der Cloud, die nächsten 80%. Um jedoch den vollen Geschäftswert aus ihren Cloud-Investitionen zu ziehen und echte Geschäftsanwendungen in die Cloud zu übertragen, müssen sie in der Lage sein, Anwendungen und Dienste zwischen ihren verschiedenen Cloud-Umgebungen zu verschieben und bereitzustellen. Heute zögern sie, dies zu tun, weil der proprietäre Charakter des Cloud-Marktes es sehr schwierig macht, aus Sicherheitsgründen in einer Multi-Cloud-Umgebung und aus Gründen eines inkonsistenten Cloud-Managements. Red Hat und IBM sind erstklassige Hybrid-Cloud-Anbieter, und gemeinsam werden wir Kunden bei der Lösung dieses Problems unterstützen, indem wir ihnen einen Weg für alle Geschäftsanwendungen in die Cloud bieten und es unseren Kunden ermöglichen, den vollen Wert der Cloud zu erschließen.

Welche Technologien bringen IBM und Red Hat hier zusammen, um auf diese Bedürfnisse einzugehen?

In den letzten Jahren hat sich Linux als das Betriebssystem Nummer eins für Geschäftsanwendungen sowohl vor Ort als auch in der Cloud etabliert. Darüber hinaus sind Container und Kubernetes-Technologien zur gemeinsamen Struktur geworden, um sowohl bestehende Anwendungen zu modernisieren als auch Cloud-basierte Anwendungen zu schreiben. Gemeinsam werden IBM und Red Hat unseren Kunden diesen Mehrwert bieten und auf den Fortschritten aufbauen, die IBM bereits mit unserem 19 Milliarden Dollar schweren Hybrid-Cloud-Geschäft gemacht hat.

Warum ist das speziell für IBM wichtig?

IBM hat investiert, um in den aufstrebenden, hochwertigen Segmenten der IT-Industrie führend zu sein. Red Hat stellt den neuesten und größten Schritt im Rahmen dieser hochwertigen Strategie dar. Sie bringen IBM das weltweit größte Portfolio an Open-Source-Technologie, ihre innovative hybride Cloud-Plattform und eine riesige Open-Source-Entwicklergemeinschaft näher. Gemeinsam werden wir zum weltweit führenden hybriden Multi-Cloud-Anbieter. Dies ist ein entscheidender Schritt für die Cloud-Branche.

Wie will IBM das Open-Source-Ethos von Red Hat in den Konzern integrieren?

Wir verpflichten uns, die Kultur, Führung und Praktiken von Red Hat zu bewahren. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass IBM seit langem ein Vorkämpfer der Open-Source-Community ist, angefangen bei unserer Investition von 1 Milliarde Dollar in Linux vor 20 Jahren. Mit jeder Kurbel des Technologiezyklus in den letzten zwei Jahrzehnten hat die Open-Source-Community eine entscheidende Entwicklungsrolle gespielt, und das war noch nie so deutlich wie heute, als Unternehmen daran arbeiten, ihre Geschäftsanwendungen in die Cloud zu verlagern. Innerhalb dieser Open-Source-Community verbindet IBM und Red Hat eine lange und erfolgreiche Beziehung. Zwischen uns haben IBM und Red Hat mehr zur Open-Source-Community beigetragen als jede andere Organisation. Und wir teilen viele gemeinsame Überzeugungen - angefangen bei der Tatsache, dass die IT-Welt hybrid ist und bleiben wird.

Diesen Beitrag haben wir von unserem Partner-Portal Embedded Software Engineering übernommen.

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