Sachmängelhaftung im Softwarerecht Haftung und Gewährleistung in der Entwicklung

Autor / Redakteur: Christian Rentrop / Stephan Augsten

Software-Anbieter sind wie alle anderen Hersteller der Sachmängelhaftung ausgesetzt. Diese zu umschiffen, ist nicht immer ganz einfach. Mit einigen Maßnahmen lassen sich gefährliche Patzer jedoch weitestgehend vermeiden.

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Software-Ersteller können eine Vielzahl von Sachmängel-Haftungsproblemen schon vorab über AGB und Lizenzverträge ausschließen.
Software-Ersteller können eine Vielzahl von Sachmängel-Haftungsproblemen schon vorab über AGB und Lizenzverträge ausschließen.
(Bild: niu niu - Unsplash.com / Unsplash)

Wer Software entwickelt, wird spätestens bei der Vertriebsreife mit den Begriffen Haftung und Gewährleistung konfrontiert: Beides sind vor allem juristische Probleme, mit denen sich entsprechende Fachleute beschäftigen sollten. Dennoch sind Haftung und Gewährleistung Themen, um die Software-Entwickler nicht herumkommen.

Zunächst eine Begriffsklärung: Die Gewährleistung ist eine gesetzliche Vorgabe, die dafür sorgen soll, dass Kunden zwei Jahre lang Ansprüche geltend machen können. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Garantie. Diese ist eine freiwillige Leistung eines Herstellers und dementsprechend nicht verpflichtend, solange sie nicht explizit angeboten wird.

Ganz anders sieht dies bei der Gewährleistung oder „Sachmängel-Haftung“ aus. Hier hat der Kunde per Gesetz die Möglichkeit, Ansprüche geltend zu machen.

Software kann vielfältige Mängel haben

Software berührt den Bereich Sachmängel-Haftung in vielerlei Hinsicht. Neben Bugs, die die Bedienung oder Funktion eines Produkts negativ beeinflussen, gibt es eine Reihe von Szenarien, die eine entsprechende Haftung auslösen können.

Fehlende oder fehlerhafte Funktionen, unangemessene Leistung, Verletzung von Rechten Dritter oder, bei Entwicklung nach Kundenauftrag, auch die Nichteinhaltung von Fertigungsterminen können zu einer Sachmängelhaftung führen. Kunden können in solchen Fällen Nachbesserung, Minderung oder sogar die Rückabwicklung von Verträgen fordern.

Schlimmstenfalls kommt sogar der Aspekt Schadensersatz ins Spiel: Ist zum Beispiel eine Rechnungs-Software fehlerhaft und liefert falsche Rundungswerte, kann dadurch je nach Betrieb erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen. Ähnliche Szenarien sind bei allen anderen Software-Typen denkbar, etwa wenn ein grob fahrlässiger Programmierfehler wichtige Dokumente verschwinden lässt oder eine Cloud-Lösung Accounts durcheinanderwirft.

Die denkbaren Szenarien solcher „Katastrophen“ sind so vielfältig wie die Software an sich. Der Kunde kann in solchen Fällen gegebenenfalls Schadensersatz verlangen.

Haftungsbeschränkung per Vertrag

Um dieser Haftungsproblematik aus dem Weg zu gehen, gibt es die Möglichkeit, entsprechende Szenarien per AGB oder Lizenzvertrag aus dem Weg zu gehen. Alle größeren Software-Unternehmen gehen diesen Weg, um eine Vielzahl von Sachmängel-Haftungsproblemen schon vorab auszuschließen. Allerdings sind die AGBs und Lizenzverträge an das jeweilige Gesetz eines Landes gebunden – und dementsprechend komplex.

Gleichzeitig setzt der Gesetzgeber vielerorts – etwa in Deutschland – für Haftungsausschlüsse enge Grenzen. Gewisse naheliegende Klauseln, zum Beispiel den generellen Haftungsausschluss betreffend, sind hierzulande nicht erlaubt. Dementsprechend sind viele der kursierenden AGBs nicht hieb- und stichfest.

Im Fall komplexer und „gefährlicher“ Software sollten Entwickler also auf jeden Fall einen Juristen einschalten – auch wenn die Form der AGB an sich nicht gesetzlich festgelegt ist. In Deutschland werden AGB-Klauseln gegebenenfalls für sich genommen analysiert: Es empfiehlt sich daher, die AGB sinnvoll zu gliedern.

Der Sachmängel-Falle durch Verträge aus dem Weg gehen

Kommt es zu einem Problem mit der Sachmängelhaftung, muss dieses zunächst auf juristischem Wege geklärt werden. Um solchen Klagen bereits im Vorfeld aus dem Weg zu gehen, kann es also sinnvoll sein, möglichst viel hinreichendes Material zu erstellen.

Das ist durch Verträge möglich, die unter normalen Umständen in vielen Sachmängelhaftungs-Problemen der Gegenseite die Zähne ziehen können. So kann es sinnvoll sein, schon im Vorfeld Verträge auszuhandeln, die zum Beispiel bestimmte Fristen, Mitwirkung des Kunden oder feste Hard- und Software-Umgebungen festlegen.

Software-Anbieter können den Kunden damit einerseits auf bestimmte Handlungsweisen festlegen und ihm andererseits bei Nichteinhaltung dieser im Fall einer Klage den juristischen Ball zuzuspielen. Gleichzeitig lässt sich so sicherstellen, dass die Sachmängelhaftung nicht unnötig ausufert. Denn vor Gericht muss schließlich auch geklärt werden, ob der Schaden durch einen Fehler des Anbieters oder des Kunden entstanden ist.

Grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz vermeiden

Zwar sind Verträge zwar einzuhalten, allerdings kann ein Vertrag juristisch als sittenwidrig eingestuft werden und seine Existenzberechtigung verlieren. Auch in Fällen grober Fahrlässigkeit, Vorsatz oder gar Arglist ist ein Software-Anbieter natürlich in der Haftung.

Diese Art der Haftungsproblematik kann jedoch mit der nötigen Sorgfalt umschifft werden. Gibt es zum Beispiel einen schweren Bug, von dem der Entwickler Kenntnis hat, die Software aber dennoch ausliefert, liegt auf der Hand, dass hier grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz oder sogar eine Täuschungsabsicht vorliegt.

Zur Vermeidung derartiger Fälle der Sachmängelhaftung ist große Sorgfalt und gegebenenfalls ein hohes Niveau an Qualitätssicherung notwendig. Neben dem Testing berührt das im Zweifel auch den Bereich der Software-Dokumentation, konkret sogenannter Bug-Listen, um im Fall der Fälle nachweisen zu können, dass ein Bug eben keine böse Absicht, sondern schlicht ein Programmierfehler war. Zudem kann eine solche Liste im Vorfeld der Lieferung, gegebenenfalls mit Update-Roadmap, auch an den Kunden weitergegeben werden, um den Verdacht des Vorsatzes vom Tisch zu wischen.

Vorsicht bei Leistungsbeschreibungen

Wenn die Software vertrieben wird, kollidiert die Sachmängelhaftung zudem mit dem Marketing: Das ist natürlich notwendig, um ein Produkt zu bewerben und zu verkaufen. Allerdings sollten sich Anbieter hüten, in Vermarktungstexten oder Vertriebsgesprächen allzu vollmundige Versprechungen zu machen, wenn sie sich nicht daran halten können.

Begriffe wie „garantiert“ oder „versprochen“ sagen eine herstellerseitige Garantie zu, noch dazu ohne Lebensdauerbegrenzung. Deshalb haben sie weder in der Werbung, noch in der Vermarktung, in Produkttexten oder im Handbuch etwas zu suchen, solange der Anbieter nicht hundertprozentig ausschließen kann, dass die versprochene Eigenschaft irgendwo nicht funktioniert.

„Garantierter Spielspaß“ wäre bei einem Videospiel zum Beispiel eine äußerst brisante Formulierung: Woher soll der Anbieter wissen, dass das Spiel wirklich jedem, der es in die Hand nimmt, Spaß bereitet?

Detailliertere Informationen zum Thema Sachmängelhaftung bei Software finden Sie im kostenlosen Leitfaden von Rechtsanwalt Dr. Thomas Helbing. Grundsätzlich ist es immer empfehlenswert, zu dieser Thematik vorab einen Anwalt zu konsultieren, um Problemen mit der Sachmängelhaftung von vornherein aus dem Weg zu gehen.

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