Everipedia setzt auf IQ-Token Die Wikipedia-Konkurrenz und die EOS-Blockchain

Martin Hensel

Mit Everipedia existiert seit einigen Jahren eine Alternative zur bekannten Online-Enzyklopädie Wikipedia. Allerdings operiert die Konkurrenz kommerziell statt gemeinnützig – und nutzt Tokens auf Basis der EOS-Blockchain, um die Content-Produktion anzukurbeln.

Wer zur Everipedia beiträgt, wird mit EOS-basierten IQ-Tokens belohnt.
Wer zur Everipedia beiträgt, wird mit EOS-basierten IQ-Tokens belohnt.
(Bild: Screenshot / Everipedia)

Everipedia gibt es bereits seit Dezember 2014. Die Website ging im Januar 2015 als Fork der Wikipedia an den Start. Bis heute basieren viele Einträge grundlegend auf Wikipedia-Texten, in der Seitengestaltung sind aber deutliche Unterschiede vorhanden. Ziel des Projekts ist die Bereitstellung einer möglichst umfangreichen Online-Enzyklopädie, deren Einträge aber im Vergleich mit der weithin bekannten Konkurrenz weniger restriktiv gehandhabt werden.

Zensur verhindern

Die Macher von Everipedia wollen konkret verhindern, dass die veröffentlichten Inhalte Opfer von Zensurmaßnahmen werden. Beispiele dafür sind Wikipedia-Sperren oder –Zensurmaßnahmen in Ländern wie China, der Türkei oder Russland sowie der Einsatz staatlich etablierter Firewalls. Um dieses Problem zu umgehen, nutzt die Everpedia neben der EOS-Blockchain das Interplanetary File System (IPFS). Das verteilte Open-Source-Dateisystem auf Peer-to-Peer-Basis ist aufgrund seiner Konzeption nahezu vollständig sicher vor derartigen Maßnahmen.

Tokens als Belohnung

Im Sommer vergangenen Jahres erfolgten dann die Integration der EOS-Blockchain und ein Airdrop der hauseigenen IQ-Währung an alle EOS-Besitzer. Die Idee dahinter: Wer sich an der Everipedia beteiligt und beispielsweise Inhalte erstellt, wird mit sogenannten IQ-Tokens belohnt. Die Tokens dienen als eine Art Beteiligung an der Plattform und ermöglichen den Nutzern zudem die Teilnahme an Abstimmungen über neue Artikel oder das Durchführen von Veränderungen an bestehendem Content. Aktuell sind die Tokens auf diversen Exchanges wie Bitfinex, MXC, CoinTiger oder Upbit erhältlich. Der Wert ist allerdings mit derzeit rund 0,0017 Euro pro Stück sehr überschaubar. Zum Auftakt im vergangenen Jahr war ein IQ-Token rund 5 US-Cent wert.

Bescheidener Erfolg

Everipedia leidet damit ebenfalls unter dem anhaltenden Bärenmarkt, der schon einige Altcoins ins Aus befördert hat. Der geringe Wert der Tokens und ein Return on Investment (ROI) von -96 Prozent sind weder für Investoren noch für interessierte Nutzer attraktiv. Dementsprechend fallen auch die Zahlen aus: Aktuell liegen die täglicher Nutzer des IQ-Tokens bei etwa 630 Personen, das Handelsvolumen ist mit derzeit rund einer halben Million US-Dollar täglich ebenfalls wenig spektakulär. Alexa sieht die Seite immerhin unter den rund 15.000 wichtigsten globalen Internetangeboten – was allerdings weit entfernt vom Rang 9 der Wikipedia ist. Dem Ruf des Projekts waren auch einige Skandale wenig zuträglich: So wurden mehrfach im Rahmen von Artikeln zu aktuellen Geschehnissen falsche Informationen präsentiert. Am bekanntesten wurde die unzutreffende Identifizierung einer unbeteiligten Person als möglicher Täter des Massenmords in Las Vegas im Jahr 2017.

Blick in die Zukunft

Eine Einschätzung der künftigen Entwicklung der Everpedia ist schwierig. Der grundsätzliche Gedanke einer zensurfreien, weltweit problemlos zugänglichen Enzyklopädie ist sicher begrüßenswert. Auch die Belohnung der teilnehmenden Nutzer, um damit unter anderem eine engere Bindung an das Projekt zu erzielen, ist ein interessantes Konzept. Es bleibt aber die Frage, ob der Einsatz einer Kryptowährung dafür das richtige Mittel ist. Das derzeitige Tief, das nahezu allen Altcoins zu schaffen macht, hat auch vor den IQ-Tokens nicht haltgemacht. Beim aktuellen Kurs dürfte äußerst fraglich sein, ob die Entlohnung mit einer Kryptowährung neue Nutzer jenseits der ohnehin vorhandenen Überzeugungstäter anzieht. Was bleibt, ist ein Projekt mit interessantem Grundkonzept, dessen Einbindung der Kryptowelt möglicherweise nicht die gewünschten Effekte bringen wird.

(ID:46177038)

Jetzt Newsletter abonnieren

Täglich die wichtigsten Infos zu Softwareentwicklung und DevOps

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung