Geschichten aus dem Paulaner-Garten Die KI übernimmt die Kundenkommunikation

Von Dr. Dietmar Müller Lesedauer: 5 min |

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Auf der Salesforce World Tour stand in München mit Einstein GPT die hauseigene Engine für künstliche Intelligenz (KI) im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Weitere Themen waren die Kundenzufriedenheit und einige Produkt-Vorstellungen – aber stets im Zeichen der generativen KI. Wir sprachen u.a. mit Frank Engelhardt, Chief Transformation Strategist bei Salesforce, und Oliver Blüher, Deutschlandchef von Slack.

Alles drehte sich in München um die KI - das ursprüngliche Motto der Veranstaltung war jedoch die „Customer Company“.
Alles drehte sich in München um die KI - das ursprüngliche Motto der Veranstaltung war jedoch die „Customer Company“.
(Bild: Müller)

Die „Salesforce World Tour“ machte Ende April auch im Paulaner am Nockherberg in München halt. Bei gefühlten Minustemperaturen war der berühmte Biergarten verwaist, trotz diverser Essens- und Getränkestände. Im Inneren sollten Kundenprojekte, Breakout-Sessions und Keynotes die Besucher erwärmen. Darin wurde erläutert, wie Unternehmen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI), Daten und CRM zur „Customer Company“ werden und die Kunden „erneut in den Mittelpunkt stellen“ können.

Einstein war nicht nur als KI sondern auch als Pappfigur allgegenwärtig.
Einstein war nicht nur als KI sondern auch als Pappfigur allgegenwärtig.
(Bild: Müller)

Überhaupt stand der Tag – wie könnte es anders sein – im Zeichen der KI. Mit „Einstein GPT“ hatte Salesforce Anfang März sein generatives KI-Tool speziell für das Customer Relationship Management (CRM) präsentiert. Gespeist mit Daten aus der Salesforce Data Cloud, die alle Kundendaten eines Unternehmens über Kanäle und Interaktionen hinweg in einzelnen Profilen vereint, liefert es Inhalte für Vertriebs-, Service-, Marketing-, Handels-, und IT-Interaktion. Als Beispiel wurden personalisierte E-Mails für Vertriebsmitarbeiter genannt, spezifische Antworten für Kundendienstmitarbeiter oder Code für Entwickler.

Die Eingabe scheint am sichersten per Tastatur, kann aber auch mit natürlicher Sprache erfolgen. Danach schließen sich Salesforce-eigene KI-Modelle mit der ChatGPT-Technologie von OpenAI kurz, mit dem Salesforce seit der TrailblazerDX-Konferenz Anfang März kooperiert. Konkret soll die KI-Engine in naher Zukunft als „Einstein GPT for Sales“, „Einstein GPT for Service“, „Einstein GPT für Marketing“, „Einstein GPT für Slack Customer 360-Apps“ sowie „Einstein GPT für Entwickler“ vorliegen.

Bessere Customer Journey dank KI

Alles drehte sich in München also um die KI - das ursprüngliche Motto der Veranstaltung war jedoch wie bereits angesprochen die „Customer Company“, also das voll auf den Kunden ausgerichtete Unternehmen. „Das ist heutzutage ein Muss“, erläuterte Frank Engelhardt, als Chief Transformation Strategist bei Salesforce ein ausgewiesener Experte für die kundenzentrierte digitale Transformation, im Gespräch mit CloudComputing-Insider. Denn ungeachtet der wirtschaftlichen Turbulenzen und politischen Querelen würden die Erwartungen der Kunden permanent steigen: „88 Prozent der von uns befragten Anwender bezeichnen die Zufriedenheit mit ihrer Kundenerfahrung als genauso wichtig wie die Zufriedenheit mit dem erworbenen Produkt“, erläuterte Engelhardt.

Frank Engelhardt, als VP Enterprise Strategy bei Salesforce für die kundenzentrierte digitale Transformation verantwortlich, vor dem Gespräch mit CloudComputing-Insider.
Frank Engelhardt, als VP Enterprise Strategy bei Salesforce für die kundenzentrierte digitale Transformation verantwortlich, vor dem Gespräch mit CloudComputing-Insider.
(Bild: Müller)

Weiter erklärte er: „Es geht den Leuten darum, mit ihren Wünschen und Anliegen verstanden zu werden.“ Das könne nur auf Basis von noch mehr und zielgenaueren Informationen erfolgen. Und die liefere eben die KI. „Die Erfolgsformel lautet ‚KI plus Daten plus CRM‘.“

Erste Tools werden mit KI angereichert

Sein Potenzial soll Einstein in einem nächsten Schritt anhand von Flow unter Beweis stellen, dem Pool an Automatisierungstools von Salesforce. Die KI soll mit ihnen auf Basis der Data Cloud komplexe Workflows automatisieren und Aktionen in Echtzeit auslösen. So werde beispielsweise ein Kunde, der gerade seinen Online-Einkaufswagen verlassen hat, bald eine sofortige E-Mail mit einem personalisierten Rabattcode erhalten, um ihn zum Abschluss des Kaufs zu bewegen.

„Flow in Kombination mit Einstein und GPT sowie der Data Cloud demokratisiert die Unternehmens-KI“, so Engelhardt. „Mit ‚Einstein GPT for Flow‘ können Anwender selber Workflows generieren, das macht flexibel und verbessert die Benutzerfreundlichkeit enorm.“ Geschäftsanwender und Administratoren könnten in natürlicher Sprache beschreiben, welche Art von Flow sie erstellen möchten, und erhalten diesen dann quasi in Echtzeit. Auch Funktionen finde Einstein im Handumdrehen und integriere sie genauso schnell, einfach dadurch, dass der Anwender deren gewünschte Wirkungsweise beschreibe.

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Ebenfalls neu mit KI angereichert werde Salesforce Field Service für Außendienstteams. „Field Service Mobile powered by Einstein GPT“ soll Kunden probate Self-Service-Tools an die Hand geben, automatisch Berichte erstellen, Wissensartikel vorgeschlagen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen erstellen, um technische Probleme der Kunden zu lösen. Dafür kommen vorgefertigte Lösungen aus der Komponentenbibliothek von Salesforce zum Einsatz – allerdings erst voraussichtlich ab Dezember, und dann auch nur in einer Betaversion.

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Eine „Asset Service Management powered by Data Cloud“-App könne beim Betrieb komplexer Anlagen helfen, indem es Echtzeitdaten und Predictive Usage-Based Maintenance nutzt, allerdings ebenfalls erst ab Dezember und dann auch nur als Beta. Ein „Contractor Management mit Flex Worker Management“, der Auftragnehmer-Mitarbeiter einfach skalieren und sie basierend auf Fähigkeiten, Entfernung und verfügbaren Tools effizient einsetzen lässt, ist bereits heute verfügbar.

Investitionen und Ethik

Wie wichtig generative KI für Salesforce geworden ist, lässt sich an den massiven Investitionen und Übernahmen in diesem Bereich ablesen: Rund 250 Millionen US-Dollar hat man in wenigen Wochen in KI-Startups gesteckt, als da wären das auf „AI Safety“ spezialisierte Anthropic, der kanadische Experte für Spracheingabe Cohere, die KI-gestützte Suchmaschine You.com sowie das auf CRM fokussierte Hearth AI. Engelhardt erwartet eine rasant beschleunigende Weiterentwicklung von KI und ihren Möglichkeiten.

Er merkt jedoch auch an: „Die generative KI benötigt Leitplanken, damit die Nutzung nicht aus dem Ruder läuft. Wir haben daher bei Salesforce einen Ethik-Rat installiert, dem Kathy Baxter, Principal Architect, und Paula Goodman, Chief Ethical and Humane Use Officer, vorstehen.“ Das „Ethical AI-Team“ sei Teil der Ethics by Design-Gruppe innerhalb von Salesforce, die darüber befindet, ob ein Produkt - oder im Falle der KI ein Algorithmus – möglicherweise negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben könnte.

„Generative KI wird Teil unseres Lebens sein, privat genauso wie geschäftlich. Es gilt dafür zu sorgen, dass der Mensch weiter im Mittelpunkt steht“, beschreibt Engelhardt die Aufgaben des Ethik-Rates.

Slack wird ebenfalls künstlich intelligent

Auch Oliver Blüher, Zentraleuropachef der vor rund zwei Jahren übernommenen Produktivitätsplattform Slack, erhielt seine Bühne. Bei ihm könne Einstein in Verbindung mit der neuen Funktion „Slack Canvas“ (zu Deutsch: „Leinwand“) zum Einsatz kommen, allerdings auch erst „im Laufe des Jahres“. Dann sollen Anwender Informationen in Slack noch einfacher finden können, seien es Texte, Dateien, Anwendungen oder Rich Media. Eine Canvas für Vertriebsteams könne etwa als Kundenkontokanal inklusive einer „Single Source of Truth“ fungieren, der Links zu wichtigen Dateien und anderen Canvas, Opportunity-Daten, Nutzungs- und Ausgabendaten aus der Sales Cloud, Kontoplänen und Briefing-Notizen für Führungskräfte oder auch eine kuratierte Liste relevanter Kanäle enthält.

Die Einbindung von KI in Slack sei beispielsweise bereits bei Free Now geschehen, das 2009 als welterste „Taxi-App“ von sich reden machte, so Blüher gegenüber CloudComputing-Insider. Nicht zuletzt im Bereich des Wissensmanagements können KI-Lösungen wie ChatGPT bessere Antworten auf Fragen von Anwendern liefern als bislang möglich und so die „Knowledge Base“ aufwerten. Darüber hinaus helfe die KI bei der Automatisierung etwa des Kundendienstes, indem es Anomalien entdeckt und entsprechend Workflows glättet. Alles ganz im Sinne der „Customer Company“.

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