User Experience bedeutet Kundenbindung Die eigene App allein ist kein Erfolgsgarant
Nicht nur in der Welt der Endbenutzer, auch in der Industrie und Arbeitswelt nehmen Apps einen immer größeren Stellenwert ein. Dabei sollte man nie vergessen, dass Unternehmensanwender auch immer Consumer und dementsprechend verwöhnt von guter User Experience sind.
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Internetpionier Marc Andreessen brachte es mit seinem Essay „Why Software is Eating the World“ bereits im Jahr 2011 auf den Punkt: Sämtliche Wirtschaftsbereiche werden eine bisher nie dagewesene Transformation erleben und Software wird dabei eine große Rolle spielen.
Betrachtet man heute die Hannover Messe Industrie (HMI) und deren Top-Themen (künstliche Intelligenz, 5G-Netze und Plattform-Ökonomie) wird deutlich, inwieweit sich seine Aussage zumindest schon in einigen Bereichen bewahrheitet hat. Der Manufacturing-Sektor ist seit jeher ein Vorreiter bei der Digitalisierung, aber auch in vielen anderen Bereichen ist Software mittlerweile der Mehrwerttreiber Nummer eins.
Nahezu jede Organisation wendet vermehrt Ressourcen für Softwareentwicklung auf. Nicht nur in der Industrie, auch in anderen Sektoren finden sich viele Gerätehersteller, die ihre Apps als eigene Produkte vermarkten. Die Transformation ist wichtig, denn digitale Technologie erlaubt eine deutliche Effizienzsteigerung in Unternehmen, zwingt aber auch zur Modernisierung.
Themen wie Cloudmigration, BigData, Mobile Computing und andere Innovationen sind keine Zukunftsthemen mehr, sondern gehören bereits zum Unternehmensalltag. Das verändert die Anforderung an den Vertrieb. Dabei geht es um mehr als nur darum, ein Stück Code auf den Markt zu bringen. Um mit Software Umsatz zu generieren, muss diese richtig lizenziert werden.
Im Zeitalter von App Stores im Consumer-Bereich ist die Erwartungshaltung der Nutzer auch im Geschäftsalltag besonders hoch. In den meisten Branchen gibt es kein Verständnis mehr dafür, dass Bestellung, Bereitstellung und Bezahlung von Programmen als getrennte Prozesse ablaufen und nicht nahtlos ineinandergreifen. Stattdessen wird erwartet, dass Softwaremodule unmittelbar ausgeliefert und genutzt werden können.
Die Funktionalität von Software muss dementsprechend anpassbar sein – idealerweise in einem Self-Service-Portal. Kunden sind nicht bereit, für Features zu bezahlen, die sie nicht brauchen. Somit ist es für Organisationen notwendig, ihre Lizenzmodelle individuell anzupassen, um Produkte lösungsorientiert anbieten zu können.
Oftmals passen Kauflizenzen oder starre Jahreslizenzen nicht mehr in das digitale Zeitalter. Anforderungen an Unternehmen sind dynamisch, so dass sich die genutzten Applikationen ebenfalls ändern. In der Praxis führt das zu einer stärken Nachfrage von Software-as-a-Service-Angeboten (SaaS), bei der die User keinerlei dauerhafte Lizenz mehr kaufen.
Gleichzeitig treten Angebote immer näher an den End-User heran. Im digitalen Wettbewerb fällt es dem Nutzer leicht, zwischen Angeboten zu wechseln. Eine einzigartige Customer Experience wird somit immer wichtiger. Dabei geht es um die komplette Nutzererfahrung, auch nach dem Erwerb eines Produkts oder Services. Im Idealfall bindet man den Kunden durch immer bessere Angebote langfristig.
Schritt zum Industrial oder Healthcare Webshop?
Egal, wie man sein Lizenzmodell aufstellt: Gerade in Deutschland bedeutet eine Veränderung eine Umstellung des kompletten Wertschöpfungsmodells. Angeknüpft an das vorherige HMI-Beispiel finden sich viele Traditionsunternehmen, die jahrelang erfolgreich Produktionsanlagen oder Maschinenteile gebaut haben.
Zu der verkauften Hardware gab es früher beispielsweise die Steuerungssoftware dazu, heute wird diese aber separat vertrieben. In anderen Sektoren gibt es ähnliche Beispiele, die alle eines gemeinsam haben: Alle betreten einen extrem dynamischen Markt und müssen für den erfolgreichen Absatz ihrer Software schnell auf die sich ständig ändernden Anforderungen reagieren.
Dabei reicht es nicht, ausschließlich den Vertriebsprozess und die Distribution entsprechend der aktuellen Situation anzupassen. Ein wichtiger Teil sind weitreichende Anpassungen im Back-Office. Dort müssen Workflows umgestellt und automatisiert werden. Ein echtes Geschäftsmodell entsteht außerdem erst, wenn die vertriebene Software monetarisiert und abgerechnet werden kann – und so von den Kunden angenommen wird.
Früher waren Programme ein einfaches Begleitgut vom gewinnbringenden Hardwarevertrieb, das ist heute nicht mehr so. Umsatzquellen haben sich verschoben, Verträge und Kundenbindung sind befristet und Organisationen müssen dafür sorgen, dass sie den Kunden dauerhaft einen Mehrwert liefern und sich ihre Produkte an Marktentwicklungen anpassen können. Es entstehen digitale Ökosysteme, in denen die Verfügbarkeit vom richtigen Stück Code zum wichtigsten Mehrwertträger wird. Durch die stark wachsende Vernetzung können Anlagen geforderte Güter auf Knopfdruck herstellen – vorausgesetzt die richtige Software ist verfügbar.
Aufgrund der Komplexität ist es sinnvoll, einen erfahrenen Experten für die Monetisierung der eigenen Softwareprodukte an Bord zu holen. Neben technischen Anforderungen verändern sich, durch die Umstellung von Bezahlmodellen, auch die Kapitalströme. So geht es neben der besseren Vermarktung und Entwicklung auch um den Schutz vor Reverse Engineering und Lizenzbetrug.
Fazit
Die Entwicklung von Software ist nicht so schwer wie die Transformation zum erfolgreichen Softwarehersteller. Daher sollten sich Organisationen nach kompetenten Partnern umschauen, um den Schritt in das digitale Zeitalter rechtzeitig und vor allem erfolgreich zu schaffen.
Die wertvollsten Firmen der Welt wie Google, Uber oder Amazon sind wegen ihrer verfügbaren Informationen hoch dotiert – und nicht wie vielfach gedacht wegen ihrer materiellen Anlagen. Diese Internetriesen dringen in immer mehr Branchen vor, weil sie bereits investiert haben. Entscheider müssen sich vor Augen führen, dass Anpassungsprozesse immer mehrere Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte brauchen.
Wenn noch nicht begonnen wurde, gilt es jetzt zu reagieren. Denn bald wird das alleinige Label „Made in Germany“ nicht mehr ausreichen, um Kunden für ein hierzulande entwickeltes Produkt zu gewinnen. Selbst etablierte Marken müssen damit rechnen, dass sich Kunden von ihnen abwenden, wenn neue Player besser auf ihre Bedürfnisse eingehen können.
* Ansgar Dodt ist Vice President Strategic Development bei Thales..
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