Bitkom-Umfrage zum Status Quo Blockchain kommt in der deutschen Wirtschaft kaum voran

Martin Hensel |

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Der Digitalverband Bitkom hat sich im Rahmen einer repräsentativen Umfrage mit dem Einsatz der Blockchain in der deutschen Wirtschaft befasst. Die Ergebnisse zeigen vorhandenes Interesse, aber nur schleppende Etablierung der Technik.

Die Blockchain hat es in der deutschen Wirtschaft noch schwer.
Die Blockchain hat es in der deutschen Wirtschaft noch schwer.
(Bild: Gerd Altmann / Pixabay)

Obwohl die meisten Unternehmen in Deutschland die Blockchain für eine wichtige Zukunftstechnologie halten, hat sich nur eine Minderheit generell mit dem Thema und den Einsatzmöglichkeiten im eigenen Betrieb befasst. Zu diesem Ergebnis kommt eine Bitkom-Umfrage unter 652 Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten.

Demnach sehen 59 Prozent der Firmen Blockchain als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien, die aber stark unterschätzt wird. Der Anteil wächst mit der Größe der Unternehmen – ab 2.000 Beschäftigten sind 82 Prozent dieser Ansicht. Nur 25 Prozent halten die Blockchain für überschätzt und in der Praxis untauglich. Auch hier verändert sich das Ergebnis mit der Firmengröße: Große Unternehmen sehen das nur zu elf Prozent so.

Höhere Bekanntheit, aber mangelndes Fachwissen

43 Prozent der Befragten haben sich mit Blockchain generell bereits beschäftigt. Allerdings steht nur jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) dem Thema aufgeschlossen gegenüber – jeder dritte Teilnehmer (32 Prozent) dagegen eher kritisch oder ablehnend. Als größte Hindernisse gelten fehlendes eigenes Know-how (87 Prozent), ein Mangel an qualifiziertem Personal (81 Prozent) sowie das Fehlen belastbarer Use Cases für Blockchains (79 Prozent). Weitere Problemfelder sind unter anderem mangelnde Standardisierung, rechtliche Unsicherheiten, Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit sowie Zweifel an Reife, Performance und Skalierbarkeit.

Laut Bitkom hat das grundlegende Wissen über zentrale Blockchain-Begriffe zugenommen. Kryptowährungen und verteilte Netzwerke sind nahezu überall bekannt, auch Smart Contracts und Identitätsmanagement sagen den meisten Befragten etwas. Allerdings kommt dieses Wissen nur äußerst selten in der Praxis an: Gerade mal ein Prozent aller Teilnehmer hat Blockchain-Technik im Einsatz oder verfolgt entsprechende Implementierungs- und Testphasen. Auch ansonsten sieht es kaum besser aus: Nur zwei Prozent befinden sich in der Analyse- und Informationsphase, drei Prozent diskutieren den Blockchain-Einsatz – aber ohne konkrete Pläne zu haben.

In Unternehmen, die Blockchain nutzen, dies planen oder zumindest diskutieren, findet dies überwiegend in den Bereichen Finanzen, Buchhaltung und Controlling (73 Prozent) statt. Weitere Fachbereiche sind Logistik, Lager und Versand (35 Prozent), Einkauf (34 Prozent) sowie Produktion, Fertigung und Projektabwicklung (34 Prozent). Eher selten finden sich Blockchain-Projekte im Personalbereich (24 Prozent), Marketing, Kundenservice und Vertrieb (15 Prozent) sowie in Forschung und Entwicklung (2 Prozent).

Zurückhaltung bei Investitionen

Eine Blockchain-Strategie ist bei 72 Prozent aller Unternehmen nicht festlegt. Nur drei Prozent haben eine zentrale Vorgehensweise, weitere sechs Prozent entwickeln eine Strategie und 19 Prozent führen vorbereitende Diskussionen. Dementsprechend hat die überwiegende Mehrheit (80 Prozent) noch keine Blockchain-Investitionen getätigt und hegt auch keine entsprechenden Pläne. Erst drei Prozent haben Investitionen durchgeführt, weitere 14 Prozent planen dies für das laufende Jahr oder die kommenden Jahre. Die Umfrage zeigt: Je größer das Unternehmen, desto häufiger wurde und wird investiert.

„Dass große Unternehmen bei neuen Technologien vorangehen, ist nicht ungewöhnlich“, erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „In Deutschland haben wir aber einen außergewöhnlich breiten und innovativen Mittelstand. Der Mittelstand könnte und sollte sich viel stärker an der Entwicklung und dem Einsatz der Blockchain beteiligen“, ergänzt er.

Als Gründe für die fehlenden Investitionspläne nannten die Befragten verschobene Prioritäten durch die Corona-Pandemie (63 Prozent), eine unklare Rechtslage (37 Prozent) und fehlendes internes Fachwissen (34 Prozent). Zudem wollen 32 Prozent zunächst abwarten, welche Erfahrungen andere Unternehmen mit der Blockchain sammeln. Fast ein Viertel der Firmen (24 Prozent) sieht für sich keinen Nutzen in der Blockchain.

Unternehmen und Wirtschaft schneiden schlecht ab

Insgesamt stellten die Teilnehmer der Umfrage ihren eigenen Unternehmen ein miserables Zeugnis beim Thema Blockchain aus: 86 Prozent sehen sich als Nachzügler, nur sechs Prozent halten sich für Vorreiter – dies sind vor allem Banken, Finanzdienstleister, IT- und Telekommunikationsanbieter. Das Urteil für die deutsche Wirtschaft ist sogar noch härter: Niemand hält Deutschland bei der Blockchain für weltweit führend, gleiches gilt für eine Einordnung in der Spitzengruppe. Knapp die Hälfte (49 Prozent) sieht das Land im Blockchain-Mittelfeld, 35 Prozent eher bei den Nachzüglern und 14 Prozent halten Deutschland sogar für abgeschlagen.

Drei Viertel (77 Prozent) der Firmen wünschen sich, dass sich die Bundesregierung stärker in Standardisierungsaktivitäten einbringt. Zudem ist die Ausbildung von Blockchain-Spezialisten gefragt (61 Prozent). Viele Unternehmen (60 Prozent) fordern außerdem, dass Ämter und Behörden zu Blockchain-Vorreitern werden sollten. Öffentliche Forschungsförderung (58 Prozent) und die Blockchain-Strategie der Bundesregierung (57 Prozent) sind ebenfalls gefragt. Allerdings glauben knapp drei Viertel der Befragten (73 Prozent) auch, dass deutsche Politiker die Bedeutung der Blockchain noch nicht verstanden haben.

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