Praxistipps für Plattformen Wie sichert Apple den Qualitätsstandard im App Store?
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Von Spielen über Fitness-Tracker bis hin zu Streaming-Diensten gibt es im Apple App Store für fast alles eine passende Anwendung. Obwohl sich das US-Tech-Unternehmen fast ausschließlich auf externe Entwickler stützt, bleibt die Qualität auf der Plattform stabil. Wie geht das?

„But there is one more thing“ – mit diesem fast magischen Satz kündigte Apple-Gründer Steve Jobs 2007 das erste iPhone an. Damit schuf das kalifornische Unternehmen ein Produkt, das nicht nur zum Megaseller wurde, sondern auch eine ganze Branche revolutionierte.
Das Erfolgsrezept: ein gut funktionierendes Touch-Display und ein intuitives Betriebssystem, das auf mobiler Anwendungssoftware – kurz Apps – basiert. Apple hat die Apps zwar nicht erfunden, aber sie auf breiter Front etabliert.
Heute setzt der Technologiekonzern viel auf externe Innovationen, Ideen und Geschäftsmodelle, muss aber auch die Qualität im App Store hochhalten. Wie funktioniert dieser Spagat und welche Empfehlungen lassen sich vom Apple App Store für andere Plattformbetreiber ableiten?
Qualität, Quantität und Netzwerkeffekte
Apple iOS ist nach Android die weltweit zweitgrößte Plattform für Anwendungssoftware. Mit mehr als zwei Millionen Programmen deckt der App Store ein sehr breites und differenziertes Angebot ab. Dabei macht sich Apple Netzwerkeffekte zunutze. Das große Angebot an Apps ist ein Anreiz für Verbraucher und Verbraucherinnen. Das wiederum macht es für Entwickler attraktiv, ihre Inhalte zur Verfügung zu stellen. Davon profitieren beide – oder letztlich alle drei – Seiten.
Doch Quantität allein macht den Erfolg nicht aus, auch die Qualität muss stimmen. Wenn schlechte Apps aus dem Ruder laufen, verschwimmt für die Nutzer die Grenze zwischen hochwertigen und minderwertigen Inhalten. Für die Anbieter lohnt es sich dann nicht mehr, in gute Qualität zu investieren. Die Folge: Der Markt scheitert und mit ihm die Plattform.
Nachvollziehen lässt sich das an den Plattformen von Palm (später HP), dem Blackberry-Hersteller RIM und Microsoft, die für Entwickler unattraktiv wurden. Stimmt das Angebot für die Verbraucher nicht mehr, kann dies dazu führen, dass sich die Konsumenten von der Marke abwenden. Der Weg zu Konkurrenzprodukten ist dann nicht mehr weit, etwaige Netzwerkeffekte gehen verloren. Ein breites und differenziertes Angebot – wie im Fall von Apple – reduziert Abhängigkeiten von einzelnen Apps und Developern.
Strenge Kontrollmechanismen und Strafen
Apple hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Qualität im App Store zu sichern. Der sogenannte „Code of Conduct“ definiert die Rahmenbedingungen für App-Entwicklerinnen und -Entwickler, die ihre Produkte über den App Store vertreiben wollen. Mit Hilfe von automatischen Filtern und manuellen Kontrollen überprüft Apple regelmäßig, ob die Anforderungen eingehalten werden.
Im Falle eines Verstoßes – etwa bei der unberechtigten Verwendung von Kundendaten oder einer minderwertigen Gestaltung – werden sofort Maßnahmen eingeleitet. Konkret bedeutet das für die betreffende App, dass sie bis auf Weiteres nicht im App Store veröffentlicht wird. Die Developer haben die Chance, den Mangel zu beheben und die App erneut zur Prüfung einzureichen.
Im Falle einer Grauzone schaltet Apple einen Executive-Prüfungsausschuss ein. Besteht weiterhin Klärungsbedarf, kommuniziert das Unternehmen direkt mit den Anbietern. Bei illegalen Verstößen, wie beispielsweise gewaltverherrlichenden Inhalten, wird Anzeige erstattet.
Praxistipps für Plattformbetreiber
Orientiert man sich also am Erfolg des App-Store-Modells, so lassen sich die folgenden Tipps für Plattformanbieter ableiten:
- 1. Transparente und strukturierte Richtlinien und Qualitätskriterien
- 2. Kontrolle der Einhaltung
- 3. Fest definierte Maßnahmen bei Nichteinhaltung
- 4. Vermeidung von Abhängigkeiten dank Angebotsvielfalt
- 5. Überprüfung des Kontrollsystems auf Anwendbarkeit und Aktualität
Die Schnelllebigkeit digitaler Produkte und der technische Fortschritt zwingen Plattformbetreiber, ihre Kontrollsysteme regelmäßig auf Anwendbarkeit und Aktualität zu überprüfen. Was heute Gültigkeit hat, kann schließlich morgen schon obsolet sein.
Rahmenbedingungen müssen außerdem nachvollziehbar und rechtssicher sein. Die Analyse des Forschungsteams zeigt, dass es sich lohnt, externe Anbieterfirmen in die Gestaltung der eigenen Richtlinien einzubinden – das erhöht die Akzeptanz bei Developern und Usern.
Zur Erfolgsgeschichte von Apple gehört demnach mehr als ein schickes Gerät, eine hippe Marke und ein einfaches Betriebssystem: Lückenloses Qualitätsmanagement, Vernetzungsformate und die ständige Zusammenarbeit mit der App-Community haben maßgeblich zum internationalen Erfolg und Ansehen der wohl wertvollsten Marke der Welt beigetragen.
* Prof. Dr. Jens Förderer ist Professor für Innovation & Digitalisierung am TUM Campus Heilbronn.
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