Low-Code-Plattform Version 20.1 remote vorgestellt Appian hat RPA fest integriert
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Low-Code-Plattformen in Verbindung mit Robotic Process Automation, kurz RPA, können laut Gartner die „digitale Gewandtheit“ im Unternehmen steigern. Appian trägt dieser Empfehlung offenbar Rechnung: Version 20.1 seiner „Appian Platform“ schließt RPA-Funktionen ein.

Die groß angelegte „Appian World 2020“ in Fort Lauderdale fiel angesichts der COVID-19-Pandemie recht kurzfristig aus. Für die zu Hause gebliebenen Medienvertreter wurden Video-Interviews organisiert, virtuelle Keynotes sollen demnächst nachgereicht werden. So gelang es Appian, immerhin seine Botschaft unters Volk zu bringen.
Die lautet, kurz gesagt: Informationssysteme müssen heute vier unterschiedliche Teilnehmer an der Unternehmens-Workforce berücksichtigen. Neben den Menschen sind das Geschäftsregeln, KI- oder eigentlich Machine-Learning-Algorithmen sowie automatisierte Prozesse, also Softwareroboter. Und mit der „Appian Platform“ lassen sich in der grafikorientierten „Low-Code“-Technik Workflows gestalten, die alle diese Teilnehmer einschließen.
Um den Kunden die Erstellung von RPA-Komponenten innerhalb einer Low-Code-Umgebung zu ermöglichen, hat Appian Anfang dieses Jahres offiziell das spanische Unternehmen Novayre Solutions mit dem Produkt „Jidoka“ übernommen. Anders als die Produkte von Blue Prism, Automation Anywhere und UIPath basiert Jidoka nicht auf Microsoft-Technik, sondern auf Java. Das dürfte bei der Akquisitionsentscheidung eine Rolle gespielt haben; so stellen es jedenfalls Vertreter beider Unternehmen dar.
Immerhin hatte Appian ja erst im vergangenen Herbst eine enge Partnerschaft mit Blue Prism verkündet. Die soll auch bestehen bleiben, verspricht Appian-CEO Matt Calkins. Genauso wie übrigens auch die etwas später geschlossenen Vereinbarungen mit UIPath und Automation Anywhere: „Wir bieten unseren Kunden das an, was sie haben wollen“.
Akquirierter Code fest verdrahtet
Laut Victor Ayllón, dem ehemaligen Novayre-Geschäftsführer und heutigen RPA-Entwicklungschef bei Appian, haben die beiden Unternehmen schon seit Längerem an der Integration der beiden Software-Toolsets gearbeitet. Es handelt sich also nicht um eine simple Schnittstelle, sondern um eine Integration auf der Funktionsebene.
Dirk Pohla, Appians Regional Vice President für den größten Teil Europas, unterstreicht das noch einmal nachdrücklich: „Wir haben den Code sozusagen fest verdrahtet.“ Nach Aussage von Calkins ist die Novayre-Software so tief in die Appian Platform integriert, dass sie sich tatsächlich über dasselbe API ansteuern lässt – „quasi ein One-Stop-Shop“.
„Appian RPA“, so die neue Bezeichnung für die Software, dient also dazu, Cloud-native Softwareroboter innerhalb eines einheitlichen „Automatisierungs-Stack“ zu steuern. Die Software ist ab Version 20.1 Teil der Appian Platform – allerdings nicht kostenlos. Wer diese Funktion nutzen will, muss seinen Lizenzvertrag erweitern und eine zusätzliche Gebühr zahlen: Für einen Fixpreis von 5.000 Dollar im Monat kann er dann beliebig viele Softwareroboter erstellen und alle Ressourcen verwenden, die er benötigt.
Am Markt ist das neue Plattform-Release voraussichtlich ab dem 27. März 2020 verfügbar. Die Beratungs- und Implementierungspartner von Appian, darunter Cognizant, Deloitte und KPMG, sind bereits im Umgang mit den neuen Funktionen geschult und zertifiziert.
Automatisierung als Teil der Workforce
Unter den Anbietern von Low-Code-Entwicklungsumgebungen gilt Appian schon lange als der Spezialist für Prozessautomatisierung mit Tiefgang. Marktbeobachter wie Gartner und Forrester loben die Plattform vor alle dafür, dass sie komplexe Geschäftsregeln, Workflows und Entscheidungsprozesse handhaben kann. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist die weitreichende Integration von Funktionen der „Künstlichen Intelligenz“. Sie basieren auf „Google AI“, also Technik des engen Appian-Partners Google, und sie sind bereits seit dem vergangenen Jahr fester Bestandteil der Appian Platform.
Wie Calkins in seiner Online-Präsentation betonte, will Appian dafür sorgen, dass sich alle Mitglieder der Unternehmens-Workforce, also Menschen, Bots, Algorithmen und Regeln, von Anfang bis Ende der Geschäftsprozesse effektiv orchestrieren lassen. Welche Technik wo und wann innerhalb des Workflows ihren Einsatz hat, bleibt dabei dem Anwender überlassen. Die Faustregel: Einfache „Tasks“ ohne Ausnahmeregelungen werden als RPAs entwickelt, komplexere Aufgaben, die maschinelles Lernen erfordern, als AI-Services.
Der semantisch überfrachtete Begriff „Artificial Intelligence“ bedeutet für Appian in erster Linie das, wofür AI hauptsächlich eingesetzt wird: eine Automatisierungstechnik. Wie das Unternehmen erläutert, geht es hier wie bei RPA darum, Prozesse im Hintergrund zu fahren, ohne dass sich die Mitarbeiter händisch darum kümmern oder Code dafür schreiben müssten.
Intelligentes Dokumenten-Management
AI- oder exakter: Machine-Learning-Funktionen bilden auch die Grundlage des Intelligent Document Processing (IDP), einer anderen neuen Funktion innerhalb von 20.1. „Die Hälfte aller AI-Anfragen, die uns erreichen, betreffen intelligente Dokumente“, erläutert Calkins. Diesen Kunden solle geholfen werden.
Der „Appian AI Service“ nutzt Calkins zufolge den IDP-Baustein, um mittels ML-Algorithmen Dokumente zu erfassen und zu „verstehen“, sprich: auf standardisierte Bestandteile wie Datumsangaben oder Rechnungsbeträge hin zu analysieren, die sich dann in neue Zusammenhänge stellen lassen. Die ML-Funktion sorgt – im Einklang mit den anfangs verstärkt notwendigen menschlichen Korrekturen – dafür, dass das System immer treffsicherer bei der Klassifizierung wird. Zudem lassen sich Maßnahmen hinterlegen, die bei Eintritt bestimmter Ereignisse automatisch wirksam werden.
Laut Appian-Ankündigung kann IDP große Mengen unterschiedlicher Dokumente über automatisierte Workflows rasch verarbeiten. Weiter optimierbar ist die Dokumentenverarbeitung mit Hilfe von ebenfalls auf Google-Technik beruhenden Funktionen wie Cloud Translation, Cloud Vision AI und Cloud Natural Language, die zum Teil schon im Release 19.4 zur Verfügung standen. All diese Services lassen sich mit dem von Appian gewohnten visuellen Low-Code-Ansatz bereitstellen.
Eingebaute Governance-Funktionen
Trotz aller Automatisierung sollen die menschlichen Teilnehmer am Workflow die Kontrolle über den Workflow behalten, beteuert Appian-Mitbegründer und Chief Technology Officer (CTO) Michael Beckley. Aus diesem Grund schreibt die Appian-Software den Audit Trail der Automatisierungsprozesse mit.
In die Plattform ist zudem eine Governance-Konsole eingebaut, ein Cockpit für die Kontrolle aller Techniken, die Unternehmensprozesse automatisieren. Damit ließen sich Automatisierungsanforderungen priorisieren sowie Ausnahmen und Sonderregelungen verwalten, kontrollieren, planen und ausführen, erläutert der europäische Vice President Pohla. Das Dashboard ist via Web und mobil einsetzbar.
„Wir schreiben unseren Kunden keine Governance vor, aber wir empfehlen ihnen, ein Automation Center of Excellence aufzubauen“, ergänzt Beckley, der neben der CTO-Funktion auch noch die Aufgaben eines Chief Customer Manager wahrnimmt. Die notwendigen Funktionen hat Appian schon Anfang 2019 im „Robotic Workforce Manager“ (RWM) bereitgestellt – zunächst für Blue Prism, dann auch für UIPath und Automation Anywhere. „Selbstverständlich“ seien sie jetzt auch für Appian RPA verfügbar, stellt Pohla klar.
Verbesserungen für DevOps und SecOps
Auch die DevOps-Funktionen hat Appian noch einmal überarbeitet. Gerade in DevOps-Umgebungen, in denen Entwicklung und Operations sich permanent die Bälle zuwerfen, kommt es darauf an, rasch zu (re-)agieren und mögliche Reibungsverluste zu vermeiden. Bereits im Release 19.4 gab es eine „Deployment-Approval-Funktion“, mit der sich die Friktionen aus manuellen Entwicklungsschritten und den unvermeidlichen menschlichen Fehlern mindern lassen.
Im Release 20.1 werden alle ein- und ausgehenden Deployments für ein System automatisch getrackt. Die mitgelieferten Governance-Funktionen ermöglichen es, einen Review der Deployments vorzunehmen und Anforderungen gegebenenfalls schon vor der Auslieferung zurückzuweisen. So sind auch bereits vorhandene und zur Wiederverwendung vorgesehene Pakete rasch überprüfbar.
Ob ein Programm-Deployment den Sicherheitsanforderungen entspricht, lässt sich durch eine Tiefenanalyse aller Design-Objekte feststellen. Das erlaubt einen Security-Check noch während der Auslieferung. Sollte sich irgendwo eine Abweichung oder Inkonsistenz (sprich: ein Sicherheitsrisiko) zeigen, erhält der für den Review zuständige Mitarbeiter automatisch eine Warnung. Übersichtlicher und verständlicher hat Appian last, but not least auch den „Security Summary“ gestaltet.
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