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Dev-Insider: Und wo liegen die potenziellen Fallstricke eines solchen Hybridkonzepts?
Johan Karlsson: Die Schwachstellen solcher Systeme – sowohl bei festen als auch bei variablen oder unbekannten Anforderungen – sind meist die Integrationspunkte. Besonders wenn unterschiedliche Teams in unterschiedlicher Art und Weise arbeiten, wird dies deutlich. Soll die Arbeit eines Teams mit den Ergebnissen eines anderen Teams zusammenpassen, kommt es oft zu hohen Fehlerquoten und komplexen Troubleshooting-Prozessen.
Einer der Hauptvorteile von hybriden Methoden besteht daher darin, dass sie die Integrationsrisiken minimieren und Methoden wie „Continuous Integration“ ermöglichen, indem sie etwa fest definierte Anforderungen bzw. User Stories im Vergleich zu sich verändernden visualisieren.
Ein häufiger Fallstrick besteht darin, dass Unternehmen nicht sauber trennen, welche Aspekte tatsächlich fest vorgegeben sind und bei welchen sie etwas agiler sein können – es besteht die Tendenz, mehr Aspekte festzulegen als tatsächlich notwendig wäre. Der Grund hierfür ist nicht nur Gewohnheit („So haben wir es doch schon immer gemacht“), sondern auch die Tatsache, dass ein strenges Gerüst auch ein falsches Gefühl davon vermittelt, das Projekt zu verstehen. In der Folge ergeben sich jedoch unnötige Deadlines und komplexe Change-Management-Prozesse.
Dev-Insider: Ist es nicht auch immer eine Frage der Unternehmenskultur, ob agile Methoden überhaupt funktionieren?
Karlsson: Doch, das ist in der Tat ein Faktor. Allerdings ist es wichtig, zwischen der mentalen Einstellung und der praktischen Umsetzung zu unterscheiden. Agil zu denken macht es erforderlich, die Umsetzung von Veränderungen wirklich zu internalisieren. Dies hängt natürlich in der Tat von der Unternehmenskultur ab sowie von der subjektiv empfundenen Notwendigkeit, die Art und Weise zu verändern, wie Dinge bislang bewerkstelligt werden.
Es ist daher wahrscheinlich wenig verwunderlich, dass es oft die Führungsebenen sind, in denen sich der höchste Widerstand dagegen beobachten lässt. Denn agil zu werden, bedeutet einen geringeren Bedarf an Managern und stattdessen mehr dezentralisierte und vertrauensbasierte Entscheidungsfindungsmodelle.
Eine Herausforderung besteht darin, dass sich viele Unternehmen zu sehr auf die praktische Umsetzung fokussieren, bevor diese Aspekte der Unternehmenskultur angegangen werden. Dies ist sehr oft der Fall, wenn wir von „gescheiterten Transformationen“ hören. Die Teams waren „agil“, sie haben ihre agilen Techniken wie Sprints (Zeitfenster zur Umsetzung einer agilen Aufgabe), Daily Stand-Ups (tägliche Besprechungen) und so weiter durchgeführt, doch es entstand keine wirkliche Agilität oder eine Veränderung bezüglich der Art und Weise, wie das Team die geforderte Wertschöpfung zum Kunden bringt.
Dev-Insider: Manche Wirtschaftsbereiche eignen sich sicherlich besser als andere, wenn es um Agilität geht. In welchen Unternehmen können Sie agile Methoden uneingeschränkt empfehlen?
Karlsson: Agile Methoden sind eine Vorgehensweise, die sich prinzipiell alle produktgesteuerten Unternehmen genauer ansehen sollten, und zwar unabhängig von der Branche. Überlebenswichtig sind entsprechende Prozesse in besonders wettbewerbsstarken Branchen.
Agile Konzepte können aber auch den Pionieren der jeweiligen Branche sehr zugute kommen, sei es Toyota in den 1950ern oder dem Fintech-Sektor in der heutigen Zeit. In der Regel verfügen alle Akteure der einzelnen Branchen über ein ähnlich hohes Kompetenzniveau in ihrer Belegschaft, daher bestehen Unterscheidungsmöglichkeiten vor allem darin, wie Aufgaben bewerkstelligt werden – und dafür ist „Agile“ der neue Standard.
Dev-Insider: Perforce hat sich in diesem Bereich nun mit der Übernahme des Agile-Spezialisten Hansoft Technologies breiter aufgestellt. Wie gut ließen sich die Tools aus den beiden Welten verquicken?
Karlsson: Es war in der Tat recht einfach, die beiden Tools zu kombinieren, da es bereits viele gemeinsame Kunden gab, besonders in der Spieleentwicklungs-Branche. Wenn Kunden bereits entscheiden konnten, welche Tools sie in ihr Ökosystem aufnehmen wollen (und eine Integration mit Helix Core bereits bestand), machte dies die Integration deutlich einfacher.
Johan Karlsson ist Senior Consultant bei Perforce Software.
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