Software-Programmierung 1,8 Millionen potenzielle „Low-Coder“

Autor Melanie Staudacher |

Die Möglichkeit, mit Low-Code-Programmierung die Digitalisierung in der Industrie anzutreiben, wird in Deutschland bisher kaum genutzt. Doch nicht, weil die Mitarbeiter diese Fähigkeit nicht erlernen möchten. Sondern weil sie die Technologie nicht kennen.

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Das Programmieren mit Low-Code ist in der deutschen Industrie zum Großteil noch unbekannt.
Das Programmieren mit Low-Code ist in der deutschen Industrie zum Großteil noch unbekannt.
(Bild: aa_amie - stock.adobe.com)

Die Digitalisierung mitzugestalten ist nichts, was nur IT-Abteilungen betrifft – zumindest nicht in der Industrie. In dem Report „Low-Code-Forecast 2021“ befragte die Siemens-Tochter Mendix, die zu den weltweit größten Anbietern von Low-Code-Plattformen gehört, 250 Beschäftigte aus der industriellen Fertigung. Den Ergebnissen zufolge wollen 61 Prozent der Befragten aktiv die Digitalisierung in ihrer Organisation mitgestalten. Sogar 79 Prozent der Industriemitarbeiter sind daran interessiert, neue digitale Fähigkeiten wie das Programmieren einer eigenen App zu erlernen.

Der Wunsch nach digitalen Skills

Diesen Wunsch können sich mithilfe von Low-Code oder No-Code auch Nicht-IT-Profis erfüllen. So geben 76 Prozent der Befragten an, aus Berufsgründen Low-Code erlernen und bei ihrer aktuellen Tätigkeit nutzen zu wollen.

Was ist Low-Code?

Laut dem amerikanischen Marktforschungsinstitut Gartner werden bis 2023 über 50 Prozent der mittleren und großen Unternehmen eine Low-Code-Anwendungsplattform (LCAP) eingeführt haben. Die Gründe dafür liegen vor allem im anhaltenden Fachkräftemangel. Denn mithilfe einer LCAP werden Funktionen für die Entwicklung bereitgestellt, die kleinere und weniger spezialisierte Entwicklerteams erfordern und gleichzeitig die Produktivität steigern. Gartner definiert eine LCAP als „ein Produkt oder eine Produktsuite, die Entwicklungs-, Bereitstellungs- und Ausführungsfunktionen für Benutzererfahrung, Geschäftsprozesse, Geschäftslogik und Daten bietet.“ Mit einer solchen Plattform können also Anwendungen entwickelt, bereitgestellt, ausgeführt und verwaltet werden. Dafür werden abstrakte Programmiermodelle und -sprachen in einzelne Bausteine mit wenig Code-Zeilen umgewandelt, die vom Anwender individuell eingesetzt und in bestehende Systeme integriert werden können. Experten sprechen davon, dass die Entwicklung damit bis zu zehn Mal schneller funktioniert.

Weitere 51 Prozent gaben an, dass diese Fähigkeit dabei helfen würde, in ihrem Job noch erfolgreicher zu sein. 43 Prozent versprechen sich höhere Karrierechancen. Andere Gründe für waren der Wunsch die Branche zu wechseln (26 %), den aktuellen Job zu behalten (21 %) oder sogar ein eigenes Unternehmen zu gründen (12 %).

Low-Code ist noch Neuland

Wie die Umfrage von Mendix zeigt, ist der Begriff Low-Code größtenteils unter Industriebeschäftigten noch unbekannt. So hatten 46 Prozent der Befragten noch nie von der Technologie gehört. Weitere 30 Prozent gaben an, zwar schon davon gehört, allerdings noch keine genaue Vorstellung zu haben, was Low-Code eigentlich ist. Im Gegensatz dazu stehen 18 Prozent, die sowohl schon von Low-Code gehört haben und auch wissen, wofür die Technologie steht. Nur sechs Prozent gaben an bereits aktiv Low-Code zu nutzen.

Doch das Potenzial an Mitarbeitern, die durch den Einsatz von Low-Code dazu beitragen könnten, ihre Unternehmen und ihre Branche schneller zu digitalisieren, ist laut Mendix weitaus größer. Laut Bundesagentur für Arbeit arbeiten fast 5,5 Millionen Menschen im industriellen Bereich. Über 326.000 Low-Code-Nutzer seien dem Marktforschungsinstitut Reputation Leaders zufolge bereits in Deutschlands Industrie tätig. Für Mendix ergibt sich daraus eine Anzahl von 1,8 Millionen potenziellen Low-Codern. „Von der Demokratisierung der Software-Entwicklung durch Technologien wie Low-Code und einem daraus resultierenden Schub für die Digitalisierung ist schon länger die Rede. Die Umfrage hat gezeigt, dass auch unter Nicht-IT-Profis ein großes Interesse nach mehr Entwickler-Skills besteht“, sagt Hans de Visser, VP Product Management bei Mendix. „Zugleich sehen wir eine überraschende Kluft zwischen dem Wunsch nach Partizipation und der unzureichenden Bekanntheit von Low-Code. Low-Code kann diese Lücke schließen und als Digitalisierungstreiber auch in der Industrie wirken. Die Chancen sind groß, denn bei umgerechnet 1,8 Millionen potenziellen Low-Code-Anwendern, sogenannten Makern, alleine im Industrieumfeld in Deutschland gibt es zahlreiche brillante Ideen für Anwendungen, die nur auf ihre Umsetzung warten und ihren Organisationen einen enormen Mehrwert liefern werden.“

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